Süddeutsche Zeitung

Ermittlungen gegen Innenminister:Strobl zahlt Geldauflage - und kann Innenminister bleiben

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Seit Monaten wird gegen Baden-Württembergs Innenminister wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens ermittelt. Nun will er das Angebot der Staatsanwaltschaft annehmen.

Von Max Ferstl

Am Donnerstagabend rief Thomas Strobl überraschend die CDU-Fraktion im Haus der Abgeordneten zusammen, der baden-württembergische Innenminister hatte zwei wichtige Anliegen. Zum einen wollte er der Fraktion mitteilen, dass er ein Angebot der Staatsanwaltschaft erhalten habe, die Ermittlungen gegen ihn nach einer Zahlung von 15 000 Euro einzustellen. Und dass er, Strobl, das Angebot annehmen wolle.

Seit Monaten wird gegen den Minister ermittelt, weil er einen Journalisten angestiftet haben soll, verbotenerweise aus Gerichtsunterlagen zu zitieren. Strobl stand unter Druck, die Opposition trommelte für seinen Rücktritt. Die Causa ist Teil eines Untersuchungsausschusses. Daher auch Strobls zweites Anliegen: Steht die Fraktion weiter hinter ihm? Kann er - trotz der Zahlung - Innenminister bleiben?

Strobl verließ den Saal, die Abgeordneten berieten bei Pizza über die Zukunft des Innenministers, zwei Stunden lang. Am späten Abend stand fest: Die CDU stützt Strobl. Sie sehe "keinen Grund für einen Rücktritt", hieß es in einer Mitteilung. Strobl selbst teilte mit, dass er das Ermittlungsverfahren "so schnell wie möglich" habe beenden wollen, nur aus diesem Grund werde er zahlen. Und er betonte, dass er damit weiterhin als "unschuldig" gelte.

Die Opposition wirft Strobl Geheimnisverrat vor

Einiges spricht dafür, dass die verworrene Causa Strobl damit ein Ende findet. Das Handeln des Innenministers beschäftigt den politischen Betrieb im Südwesten seit Monaten. Alles begann mit Vorwürfen gegen den ranghöchsten Polizisten des Landes. Dieser soll versucht haben, eine Kommissarin zum Sex zu überreden - mit Verweis auf seinen Einfluss auf ihren beruflichen Werdegang.

Der Anwalt des Polizeiinspekteurs schrieb an das Innenministerium, Strobl will in dem Brief ein "vergiftetes Gesprächsangebot" erkannt haben - und stach es an einen Journalisten durch, angeblich um den Anschein eines Deals im Hinterzimmer zu vermeiden. Weil der Reporter daraus zitierte, ermittelte die Staatsanwaltschaft.

Die Opposition wirft ihm seitdem unter anderem Geheimnisverrat vor. Ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt, der sich auch mit der Weitergabe des Anwaltsschreibens beschäftigt. An diesem Freitag wird Strobl zum zweiten Mal vorgeladen. Zuletzt galt jedoch als wahrscheinlich, dass sich seine politische Zukunft nicht im Ausschuss entscheidet - sondern vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abhängt. Bei einer Verurteilung wäre der Minister kaum zu halten gewesen. Auch deshalb dürfte Strobl mit der Zahlung leben können.

Aus Koalitionskreisen wurde als Vergleich auf den Fall Wolfgang Schmidt (SPD) verwiesen, gegen den ermittelt wurde, weil er ein amtliches Dokument bei Twitter veröffentlicht hat. Schmidt zahlte 5000 Euro, die Sache war erledigt, mittlerweile ist er Chef des Bundeskanzleramts. Die Summe ist bei Strobl zwar deutlich höher, auch die Opposition schimpft weiterhin. Strobl habe sich "freigekauft", klagte etwa Sascha Binder (SPD). Aber es sieht so aus, als ginge die Sache für den Minister noch einmal gut aus.

Am Freitag stellte sich das CDU-Präsidium hinter ihn. Und auch die Grünen, der Koalitionspartner, haben in all den Monaten keine Zeichen gesendet, von Strobl abzurücken. Er gilt als wichtig für die Stabilität der Landesregierung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann kennt Strobl schon lange, er vertraut ihm. Am Freitag teilte Kretschmann mit: "Die Sache ist für mich geklärt."

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