CDU-Streit über Gleichberechtigung:Homo-Vorkämpfer in der Union begehren auf

Konservative in der Union entdecken ein altes Reizthema neu - sie protestieren gegen eine Gleichstellung schwuler und lesbischer Partnerschaften mit Hetero-Ehen. Jetzt wehren sich die Reformer in der CDU: Sie prangern "verknöchertes Denken" an, das den Koalitionsvertrag verletze.

Oliver Das Gupta

Es ist nicht lange her, da waren die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) noch in Feierlaune. Es war Ende Juni, als der Bundesverband von einem prominenten neuen Mitglied zu berichten hatte - Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin außer Dienst. Sie trat dem LSU damals aus Solidarität bei, als Zeichen der Unterstützung.

Die Homosexuellen-Aktivisten in CDU und CSU können jede Hilfe gebrauchen. Wie sehr, zeigt sich in diesen Tagen.

Die Union streitet über die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Namhafte Mitglieder der Unionsfraktion im Bundestag haben das Vorhaben abgelehnt. Der Vorstoß von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dafür "entbehrt jeder Grundlage", sagte Fraktionsvizechef Günter Krings (CDU). Die Union werde "nicht gleichstellen, was nicht gleich ist", sekundierte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. Entsprechend die Schlagzeilen: "Union gegen völlige Gleichstellung von Homo-Paaren".

Dies trifft die Stimmung in der Fraktion allerdings nicht wirklich. In der größten Regierungspartei, der CDU, kann von einer einheitlichen Haltung keine Rede sein. Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, widerspricht Krings' Aussage, das Thema stehe nicht auf der Agenda: "Was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, sollte jetzt auch umgesetzt werden", sagt er sueddeutsche.de.

Tatsächlich steht im Koalitionsvertrag, auf den sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP im Oktober 2009 verpflichtet haben, auf Seite 111: "Wir wollen die Ausgewogenheit von Rechten und Pflichten von Eingetragenen Lebenspartnerschaften verbessern. Dazu werden wir die familien- und ehebezogenen Regelungen über Besoldung, Versorgung und Beihilfe auf Lebenspartnerschaften übertragen."

Auf diese Passage pochen nun Reformer in der CDU: "Dahinter sollten wir nicht mehr zurückfallen", sagt Spahn. Antje Tillmann, CDU-Bundestagsabgeordnete aus Erfurt, fordert die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften im Einkommensteuerrecht: "Auch eingetragene Frauen- und Männerpaare sollten zukünftig vom Ehegattensplitting profitieren."

Fraktionsvizechefin Ingrid Fischbach und die zuständige Berichterstatterin Elisabeth Winkelmeier-Becker nennen das Vorpreschen der FDP-Justizministerin zwar "wenig zielführend". Die CDU-Politikerinnen halten ein Steuersplitting jedoch insofern für "konsequent, als Lebenspartner wie Ehegatten die gegenseitigen Unterhalts- und Einstandspflichten füreinander tragen".

Homo-Ehe als neues Thema der Konservativen

Modernisierer in der Union vermuten, der Traditionalistenflügel habe nur ein neues Thema gesucht - und gefunden, um CDU und CSU demonstrativ konservativ zu verorten. So sieht das auch Thomas Steins, Unternehmensberater und Vizechef der LSU. Er ärgert sich über die Äußerungen von Krings und Müller: "Die CDU-Mitglieder und die CDU-Wähler sind viel weiter, als die Fraktionsführung denkt", sagt er sueddeutsche.de. "Diejenigen, die sich so vehement gegen eine Gleichberechtigung stemmen, hängen einem verknöcherten Denken an." Für diese Gruppe sei "die Ablehnung der sogenannten 'Homo-Ehe' ein Teil eines Kulturkampfes um den Konservativismus". Tatsächlich werde der Schutz von Ehen zwischen Mann und Frau durch Homo-Ehen nicht beeinträchtigt. Steins, der mit seinem Mann in Brandenburg lebt, sieht die Gleichstellung im politischen Auftrag der CDU enthalten, eine generationengerechte Welt zu ermöglichen.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel wähnt Steins auf der Seite, auch wenn sie zum Thema schweigt. "Die Bundeskanzlerin ist auf dem richtigen Weg", sagt der Aktivist.

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