CDU: Rückzug der Vertriebenenchefin:Die Flucht der Erika Steinbach

Mit ihren kontroversen Thesen sorgte sie immer wieder für Diskussionen. Jetzt zieht sich Erika Steinbach aus der CDU-Führung zurück. Die Stationen ihrer Karriere

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Steinbach zieht sich aus CDU-Fuehrung zurueck

Quelle: dapd

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Mit ihren kontroversen Thesen sorgte sie stets für Diskussionen. Jetzt zieht sich Erika Steinbach aus der CDU-Führung zurück. Die Stationen ihrer Karriere in Bildern.

Erika Steinbach sorgt nicht zum ersten Mal für Diskussionen. Die jüngste Debatte um ihre Person kostet sie nun aber das Amt in der CDU-Führung: Sie schlug sich, im Gegensatz zu Kanzlerin Angela Merkel, auf die Seite Sarrazins und machte zweifelhafte Äußerungen über eine "Mobilmachung" Polens vor Kriegsbeginn. Nun zieht sie sich aus der CDU-Führung zurück:  "Ich werde nicht mehr erneut für den Parteivorstand kandidieren", kündigte Steinbach im Gespräch mit sueddeutsche.de an.

ERIKA STEINBACH

Quelle: dpa

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Ihren Namen als Unruhestifterin machte sich Erika Steinbach schon relativ bald nach ihrer Wahl in den Bundestag 1990. Sie stimmte 1991 gemeinsam mit 13 anderen Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze, da es in Folge der Vertreibung von Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg noch offene Eigentums- und Vermögensfragen gäbe. Steinbach war Mitglied der Landsmannschaft Westpreußen, bevor sie 1994 in den Bund der Vertriebenen eintrat. Sie wurde 1943 im damaligen Rahmel, dem heutigen Rumia in Polen, als Tochter eines deutschen Feldwebels und einer Luftwaffenhelferin aus Bremen geboren. Nach dem Krieg musste Steinbachs Mutter mit ihr und ihrer Schwester fliehen.

Erika Steinbach

Quelle: AP

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Die Flucht führte die Familie Steinbach über Berlin nach Haunau, den Heimatort ihres Vaters. Dort absolvierte Erika Steinbach ein privates Musikstudium sowie den Diplom-Studiengang Verwaltungswirtschaft und Informatik. Neben ihrer Berufstätigkeit war sie Geigerin im Orchester der Philharmonie in Frankfurt am Main.

In die CDU trat sie 1974 in Frankfurt ein und wurde zur engagierten Kommunalpolitikerin.

Jubiläum '50 Jahre BDV' in Berlin

Quelle: action press

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Obwohl Kritiker im In- und Ausland immer wieder betonen, als Kind eines deutschen Besatzungssoldaten sei Steinbach genau genommen keine "echte" Heimatvertriebene, wurde sie 1998 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Seitdem gelang es ihr, den Anliegen der Vertriebenen Aufmerksamkeit zu verschaffen - und das nicht immer nur im positiven Sinn. Sie relativiere die Kriegsschuld Deutschlands und das Leid der Holocaust-Opfer, lauten die Vorwürfe an sie. Steinbach hingegen betont immer wieder, dass es ihr lediglich um die Anerkennung des Leids der Vertriebenen ginge.

Presserundgang 'Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts'

Quelle: ddp

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Besonders am Herzen liegt Erika Steinbach auch die Darstellung dieses Leids, wie hier 2006 bei der Ausstellung "Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts" im Kronprinzenpalais in Berlin. Seit 10 Jahren setzt sie sich für ein Dokumentationszentrum zum Thema Flucht und Vertreibung in Berlin ein. Der Bund der Vertriebenen schlug sie für den Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" vor, wogegen viele Kritiker aufbegehrten.

Steinbach

Quelle: dpa

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Domina in SS-Uniform, die den Staatschef auf der Nase herumtanzt: Besonders in Polen sind viele Menschen nicht gut auf Erika Steinbach zu sprechen, wie dieses Titelblatt eines polnischen Magazins zeigt. Sie rechne das Leid der Vertriebenen gegen das der Polen auf, heißt es. Außenminister Guido Westerwelle sprach sich deshalb gegen eine Beteiligung Steinbachs an der Vertriebenenstiftung aus.

Die Causa Steinbach wurde zu einer der ersten großen Krisen der schwarz-gelben Koalition. Steinbach verzichtete schließlich auf den Sitz im Stiftungsrat. Als Kompensation erhielt der Bund der Vertriebenen jedoch sechs statt der vorher vereinbarten drei Sitze. Außerdem entsenden auch die evangelische und die katholische Kirche je vier Vertreter in den Rat, der Zentralrat der Juden erhält zwei Sitze.

Angela Merkel und Erika Steinbach

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt sich aus dem Konfliktthema Steinbach zunächst heraus. Vergeblich warteten Steinbachs Opponenten - und übrigens auch die FPD - auf ein Machtwort der Kanzlerin. Doch dann sorgte Steinbach auch innerhalb der Union für öffentlich bekundete Missstimmung: Sie trat für den ebenfalls umstrittenen Bundesbanker Thilo Sarrazin ein - obwohl die Kanzlerin demonstrativ zu dessen Thesen auf Distanz ging.

Jahresempfang Bund der Vertriebenen

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Außerdem geriet sie wegen zweifelhafter Äußerungen über eine "Mobilmachung" Polens vor dem Zweiten Weltkrieg mit ihren eigenen Parteifreunden aneinander. Obwohl ihre während einer Vorstandssitzung gesagten Worte große Empörung hervorriefen, lässt sich Steinbach nicht von ihnen abbringen. Auf den Aufschrei in Regierung, Opposition und Medien reagierte Angela Merkel öffentlich mit: Schweigen.

Erika Steinbach

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Erika Steinbach zog schließlich selbst Konsequenzen aus der anhaltenden Kritik  und verkündete ihren Rückzug aus dem CDU-Vorstand. "Ich habe dort nur noch eine Alibifunktion, die ich nicht mehr wahrnehmen möchte. Ich stehe dort für das Konservative, aber ich stehe immer mehr allein", sagte sie der Zeitung Die Welt.

Steinbach warnt ihre Partei nun eindringlich davor, abweichende Meinungen nicht zuzulassen. Im Gespräch mit sueddeutsche.de sagte sie wörtlich: "Der Eindruck entsteht: Man darf in Deutschland nicht mehr alles sagen, auch wenn es Fakten sind."

Für den Fall, dass sich dieser Eindruck verfestigt, droht der Union laut Steinbach große Gefahr: "Ich warne vor einem immensen Schaden für die CDU."

© sueddeutsche.de/beitz/pfau
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