Demokratie ist jede Anstrengung wert - aber eben auch anstrengend. Das erlebt in diesen Wochen die CDU in besonderem Maße. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert gibt es mehr als einen Kandidaten für den Parteivorsitz. Und auch sonst entdeckt die CDU gerade ihre Lust am Auswählen und Debattieren. Für den Parteitag Anfang Dezember in Hamburg liegen neben den Leitanträgen des Vorstands 226 Anträge vor. Das sind fast dreimal so viele wie noch vor drei Jahren.
Es dürfte also nicht einfach werden, all die nötigen Wahlen und Abstimmungen auf dem Parteitag über die Bühne zu bringen. Um das Pensum trotz der knappen Zeit zu schaffen und keine Anfechtungen zu riskieren, hat sich die CDU jetzt etwas einfallen lassen. Auf dem Parteitag wird jeder der 1001 Delegierten auf seinem Platz einen Karton finden, aus dem man eine "Tischwahlkabine" falten kann. Bisher gab es derlei nicht, aber es gab ja auch noch nie drei Kandidaten für den Parteivorsitz.
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Beim Schaulaufen der Kandidaten war am Montag noch Halbzeitpause. Vier der acht Regionalkonferenzen sind absolviert, erst an diesem Dienstagabend geht es in Böblingen mit der fünften weiter. Und so standen bei den CDU-Gremiensitzungen am Montag eher die Inhalte als die Kandidaten im Mittelpunkt.
Der Bundesvorstand unterstützte etwa einen Antrag, mit dem der Parteitag "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit" der CDU mit Linkspartei und AfD ausschließen soll. Das zielt vor allem auf die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im kommenden Jahr. Unter anderen hatte Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben eine Zusammenarbeit mit der Linken ins Spiel gebracht. Hintergrund sind die Umfragen in den drei Bundesländern, in denen AfD und Linke zusammen auf bis zu 44 Prozent kommen.
Der CDU-Vorstand verständigte sich außerdem auf einen Antrag zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Der Parteitag soll sich zum Nato-Ziel bekennen, "die Mittel für den Verteidigungshaushalt in Richtung 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern", heißt es darin. Auf diesem Weg soll spätestens 2024 die Marke von 1,5 Prozent erreicht werden, derzeit liegt Deutschland bei etwa 1,25 Prozent. Der Antrag dürfte für Ärger mit dem Koalitionspartner SPD sorgen.
Antrag verlangt vollständige Abschaffung des Solis bis Ende 2021
Das gilt auch für die Haltung der CDU-Spitze zum Solidaritätszuschlag. Auf dem Parteitag soll jetzt ein Antrag verabschiedet werden, in dem - bei Beibehaltung eines ausgeglichenen Haushalts ohne neue Schulden - die vollständige Abschaffung des Zuschlags bis Ende 2021 verlangt wird. Die große Koalition hat sich bisher lediglich auf eine Streichung für 90 Prozent der Soli-Zahler verständigt.
Eigentlich hätte Annegret Kramp-Karrenbauer sowohl die Antragskommission leiten als auch den Parteitag vorbereiten sollen. Doch weil die Generalsekretärin neben Friedrich Merz und Jens Spahn für den CDU-Vorsitz kandidiert, hat sie diese Zuständigkeiten abgegeben. Die Antragskommission führt jetzt Ex-Innenminister Thomas de Maizière - und den Parteitag organisiert nun Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler. Nach der Sitzung des CDU-Vorstands tauchte deshalb im Foyer des Adenauer-Hauses zum ersten Mal das Duo de Maizière/Schüler auf, um sich den Fragen der Journalisten zu stellen.
Dabei zeigten sich die beiden über den bisherigen Verlauf des Wettbewerbs um den Vorsitz mehr als zufrieden. Man rechne damit, dass am Ende gut 13 000 CDU-Mitglieder an den Regionalkonferenzen teilgenommen haben werden, sagte Schüler. Und bereits jetzt hätten 150 000 Menschen via Livestream die Veranstaltungen verfolgt. Die Partei sei "beseelt darüber", dass es jetzt derartige Möglichkeiten gebe.