CDU-Politiker Jens Spahn zur Homo-Ehe:"Das Adoptionsrecht wird noch einige Zeit brauchen"

Lesezeit: 3 Min.

Für die CDU im Bundestag: Jens Spahn (Foto: Stephan Baumann)

Hätten sie mal auf ihn gehört: CDU-Politiker Jens Spahn wirbt seit langem für die steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare. Jetzt hat ihm das Verfassungsgericht recht gegeben. Im Interview erklärt er, warum die Langsamkeit der Union manchmal hilfreich ist und wieso die Angleichung des Adoptionsrechts nicht von heute auf morgen kommen wird.

Von Thorsten Denkler und Michael König, Berlin

Jens Spahn, 33, gilt in der CDU als Mann für die Zukunft. Der Bundestagsabgeordnete aus dem Münsterland ist gesundheitspolitischer Sprecher seiner Partei, Mitglied der "Jungen Gruppe" und Verfechter der Gleichstellung Homosexueller.

SZ.de: Herr Spahn, Sie hatten noch auf dem CDU-Parteitag in Hannover vergeblich für die steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe gekämpft. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht Ihre Koalition genau dazu verdonnert. Spüren Sie Genugtuung?

Jens Spahn: Zunächst einmal ist das Urteil ein wichtiges Signal für alle Partnerschaften, egal ob hetero- oder homosexuell. Es zeigt, dass die dauerhafte und verbindliche Beziehung zweier Menschen gefördert wird. Mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten.

Die Regierung musste gezwungen werden. War das nötig?

Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir das aus eigener Kraft umgesetzt hätten. Wir machen als CDU in dieser Frage gerade einen Prozess durch, der zu größerer Offenheit führen wird. Ich habe das selbst auf Veranstaltungen vor Ort erlebt, wo plötzlich der eine 60-Jährige zu dem anderen 60-Jährigen sagte: Schwulsein ist okay, der Sohn meines Nachbarn ist auch schwul und ein toller Kerl.

Klingt, als wäre die CDU immer noch auf dem Weg, aber nicht am Ziel, wenn es um die Gleichstellungsfrage geht.

Manchmal ist es richtig, solche Dinge langsam angehen zu lassen. Dann entwickeln sie irgendwann eine Eigendynamik. Das passiert jetzt. Umso wichtiger ist es mir, dass wir den Beschluss der Verfassungsrichter jetzt als Koalition zügig umsetzen, also noch vor der Sommerpause.

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Ein Kommentar von Heribert Prantl

An der CSU soll es angeblich nicht scheitern, das sagt zumindest ihr Chef, Horst Seehofer. Werden die konservativen Hardliner auf Seehofer und Merkel hören?

Das Karlsruher Urteil ist eindeutig. Damit ist die politische Debatte beendet. Wir müssen das Urteil jetzt umsetzen. Das werden wir tun, und die CSU hat ja schon signalisiert, dass sie das auch so sieht.

Reicht es, das Urteil einfach nur umzusetzen, ohne jedes Herzblut?

Ich finde, wir sollten die Diskussion in Zukunft offensiver zu führen. Die Argumentation der Gegner war ja oft ein bisschen krude: Die Ehe wird ja nicht dadurch geschützt, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht gleichstellt werden. Dadurch wird kein Kind weniger geboren. Und es wird jetzt sicherlich keine Ehe geschieden werden, nur weil es dieses Urteil gibt. Im Gegenteil. Die Idee der Ehe als rechtlich verbindliche Institution wird durch das Urteil gestärkt. Das sollten wir selbstbewusst nach vorne stellen und nicht so tun, als ginge uns das nichts an.

SPD und Grüne diskutieren darüber, das Ehegattensplitting teilweise oder ganz abzuschaffen, um Kinder zu fördern statt Partnerschaften. Was halten Sie davon?

Eine stärkere Förderung von Familien mit Kindern, etwa über einen höheren Kinderfreibetrag, ist ohne Zweifel richtig. Aber wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft dabei keine Rolle mehr spielte, dann wäre das ein falsches Signal. Das würde bedeuten, dass die Ehe ohne Kinder nichts mehr wert ist. Und das ist nicht so. Die Ehe ist eine Werte- und Verantwortungsgemeinschaft zweier Menschen. Sie ist damit ein Wert an sich.

Was fehlt nach dem Urteil noch zur vollständigen Gleichstellung der Ehe und der Lebenspartnerschaft?

Eine offene Frage gibt es noch, das ist die der Adoption. Da brauchen wir jetzt eine breite gesellschaftliche Debatte, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt. Aber auch das ist sicher ein längerer Prozess. Das Adoptionsrecht wird noch einige Zeit brauchen. Ich halte das nicht für schlecht.

Wo ist das Problem?

Selbst manch einem grünen Oberbürgermeister geht das alles zu schnell. Und wir sehen gerade in Frankreich oder auch in den USA, dass es zu einer Spaltung der Gesellschaft kommen kann, wenn die Sache von oben herab oder zu schnell angegangen wird. Der schrittweise Prozess hat in Deutschland die Akzeptanz eher befördert.

Die Grünen lassen gerade untersuchen, wie Schwule und Pädophile sich in den achtziger Jahren zusammentaten, um angebliche gemeinsame Ziele zu erreichen. Schadet diese Debatte Ihrem Anliegen der vollständigen Gleichstellung homosexueller Paare auch im Adoptionsrecht?

Es hat sicher geschadet, dass in der grünen Arbeitsgemeinschaft "SchwuP" Schwule und Päderasten wie selbstverständlich miteinander gearbeitet haben. Auch in der Wahrnehmung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche wurden diese Dinge vermischt. Das wirkt bis heute nach. Homosexualität und Pädophilie haben rein gar nichts miteinander zu tun.

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