CDU-Parteitag:Tillich eifert Berlusconi nach

Ein Vertrag soll es richten - Sachsens Ministerpräsident Tillich will sich ins rechte Licht rücken. Am besten schon zum Parteitag, zu dem sich die von Skandalen gebeutelte Sachsen-CDU trifft.

C. Kohl

Die Idee ist nicht neu, ursprünglich stammt sie wohl von Silvio Berlusconi: Im Wahlkampf um das Amt des Ministerpräsidenten hatte sich der italienische Medienmogul anno 2001 mit einer überdimensional großen Texttafel ins Fernsehstudio gesetzt. Darauf war ein "Vertrag" mit den Italienern gedruckt, den Berlusconi vor laufenden TV-Kameras unterzeichnete. Mit einer ähnlichen PR-Maßnahme will sich nun Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ins rechte Bild rücken - beim Parteitag der sächsischen Union an diesem Samstag in der Leipziger "Media City" will er einen "Vertrag für Sachsen" unterschreiben, der als CDU-Programm für die Ende August stattfindende Landtagswahl gelten soll.

CDU-Parteitag: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich will sich ins rechte Bild rücken.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich will sich ins rechte Bild rücken.

(Foto: Foto: dpa)

Allerdings passt das "Vertragswerk" der sächsischen Union keineswegs auf ein publizitätsträchtig knappes Tafelformat. Stattdessen wird auf 50 Druckseiten zusammengefasst, was die Landespartei, die seit 1990 ohne Unterbrechung die Regierungen im Freistaat führt, künftig noch besser machen will: Von der Bekämpfung der Wirtschaftskrise bis zur Sozialpolitik, von der Abfallentsorgung bis zum Schulsport - an Stichworten fehlt es nicht in dem Programm. Doch die CDU-Landespolitiker würden sich etwas mehr Aufmerksamkeit für ihre Fleißarbeit wünschen. Statt nach programmatischen Erklärungen zu fragen, wollen sächsische Journalisten derzeit nämlich vor allem Einzelheiten über mögliche Verfehlungen von Landespolitikern wissen: Ob Schwarzarbeitsgerüchte, Klodeckelfahndung oder Fragebogenaffäre - die Regierung von Stanislaw Tillich hat sich in einem Netz aus Skandalen und Skandälchen verheddert.

Keine guten Werte

Entsprechend scheint das Stimmungsbarometer der sächsischen Christdemokraten trotz Umfragewerten um die 40 Prozent wenige Wochen vor den Kommunal- und Europawahlen am 7. Juni gegen null zu tendieren. Da rührte sich unter den christdemokratischen Abgeordneten kaum eine Hand für den Parteifreund und Justizminister Geert Mackenroth, als dieser im Landtag diese Woche seine Justizpolitik zu verteidigen suchte. Der CDU-Abgeordnete Marko Schiemann sprach von "dringlichen Problemen", die der Ressortchef zu lösen habe: "Setzen Sie sächsisches Recht in die Praxis um", tadelte der Fraktionsredner den Parteifreund.

Mackenroth ist derzeit nicht nur von privaten Affären um Mietstreitigkeiten gebeutelt. Sein Haus steht wegen eigenwilliger Beförderungs- und Versetzungspraktiken unter dem Beschuss von Richtern und Staatsanwälten im Land; überdies geht es um Durchstechereien im Dienst. So hatte Mackenroths Staatssekretärin Gabriele Hauser durch zwei Anrufe bei nachgeordneten Dienststellen dafür gesorgt, dass ein Ministerialbeamter, der mit Alkohol am Steuer erwischt worden war, nicht mehr belangt werden konnte. "Diese Affären erschüttern das Vertrauen der Bürger in die Justiz", fasste der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens die schlechte Stimmung zusammen und der Linksabgeordnete Klaus Bartl kritisierte einen "Justizapparat nach Gutsherrenart".

Unterdessen gelingt es auch dem Ministerpräsidenten Tillich nicht, den bösen Anschein wegzuwischen, dass er beim Ausfüllen seines Personalfragebogens zur DDR-Vergangenheit getrickst haben könnte. Nachdem das Dresdner Verwaltungsgericht den heute 50-Jährigen, der einst stellvertretender Vorsitzender eines DDR-Kreisrats war, dazu verurteilt hatte, seine Antworten offenzulegen, präsentierte Tillich ein Formular, das dem Gericht zuvor nicht vorgelegen hatte. Zwar behauptete sein Sprecher flugs, das Papier sei zuvor in den Prozess eingeführt worden, tatsächlich findet sich jedoch nur ein indirekter Hinweis darauf. Eine Art Winkeladvokatur, die Tillich letztendlich nur schaden dürfte - denn das Frage-und-Antwort-Spiel um seine DDR-Vergangenheit könnte damit noch zum Wahlkampfthema werden.

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