CDU-Parteitag:Spielball Steuersenkung

Die CDU glaubt, einen Wahlkampfschlager gefunden zu haben, indem sie Ja zu Steuersenkungen sagt. Aber erst 2010. Dass dann wohl immer noch Krise ist, stört die Kanzlerin nicht.

T. Denkler, Stuttgart

Ob die CDU-Führung will oder nicht: Die Debatte um Steuersenkungen und Abgabenentlastungen wird das große Thema dieses Parteitages sein, der an diesem Montag in Stuttgart beginnt. Die CSU fordert gebetsmühlenartig, dass die Steuern so schnell wie möglich runter müssen, pünktlich zum Parteitagsauftakt drängen nun auch drei führende Wirtschaftsvertreter die CDU dazu, steuerliche Entlastungen und kräftige Konjunkturimpulse zu beschließen.

CDU-Parteitag: Die Kanzlerin will eigentlich auch Steuern senken: Aber erst 2010, um nächstes Jahr ein Wahlkampfthema zu haben.

Die Kanzlerin will eigentlich auch Steuern senken: Aber erst 2010, um nächstes Jahr ein Wahlkampfthema zu haben.

(Foto: Foto: AFP)

Wer aber in die Partei hineinfragt, was denn von Steuersenkungen so gehalten wird, erntet bestenfalls gnädiges Kopfschütteln. Andere werden deutlicher: Es sei kompletter Unsinn zu glauben, Steuersenkungen können in irgendeiner Weise helfen, die Konjunktur anzukurbeln. Darum seien sie das falsche Mittel in der Krise.

Das aber wird die Partei nicht daran hindern, das von manchen als falsch erachtete Mittel zu preisen. Im Leitantrag des Bundesvorstandes, am Sonntag mit einer Enthaltung vom Bundesvorstand angenommen, nimmt das Thema Steuersenkungen zwei von zehn Seiten ein.

Darin wird das Hohelied der Bürgerentlastung gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gesungen: Auf Krisen müsse angemessen "und im Bewusstsein unserer gesamtstaatlichen Verantwortung" reagiert werden, um "schnellstmöglich wieder Wachstum zu generieren". Die entscheidende Begründung folgt im Satz danach: "Deshalb halten wir an den Entlastungen, die wir den Bürgern in Aussicht gestellt haben, trotz der internationalen Finanzmarktkrise fest."

Die Versprechungen nehmen gar kein Ende: Es soll eine Steuerreform geben, "einfach niedrig und gerecht". Der sogenannte Steuerbauch, bei dem die mittleren Einkommen überproportional stark belastet werden, soll abgetragen werden. Kosten für Gesundheits- und Pflegeversicherung sollen steuerlich absetzbar werden.

Aber, aber: Das Ganze bitte erst ab 2010. So will es die Kanzlerin.

Die CDU steckt jetzt in einem Dilemma. Einerseits ist es Parteilinie, Steuersenkungen noch 2009 für Teufelszeug zu erklären. Gleichzeitig beschließt sie, dass Steuersenkungen eine ganz tolle Sache seien. Aber eben erst ab 2010 und nicht schon 2009.

Zwei Parteigranden beeilten sich am Montag, Aufklärung zu schaffen. Parteivize Roland Koch sagte, Voraussetzung für Steuersenkungen sei die Haushaltskonsolidierung: "Man kann es erst dann machen, wenn man nicht mehr Steuersenkungen auf Pump macht."

Und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller macht die SPD dafür verantwortlich, dass es mit den gewünschten Steuersenkungen 2009 nichts mehr wird. "Der Koalitionspartner wird in dieser Legislaturperiode mit uns keine systematische Steuerreform mehr machen. Insofern ist dies ein Thema für die nächste Legislaturperiode", meint Müller und fügt hinzu, dass das Thema im Bundestagswahlkampf eine zentrale Rolle spielen wird.

Es war schon länger geplant, das Thema für den Wahlkampf 2009 neu aufzuwärmen. Mit dem Leitantrag "Die Mitte. Deutschlands Stärke." soll dafür die inhaltliche Grundlage geschaffen werden.

In der Partei aber fragen sich viele, wer der CDU das noch abnehmen sollen. Darum wollen sie, dass es die CDU wenigstens versucht, noch vor der Wahl die Menschen spürbar zu entlasten. Als Beweis, dass sie es wirklich will.

Es stellt sich nämlich in der Tat die Frage, was denn 2010 so viel besser sein soll als 2009. Die sich anbahnende Konjunkturkrise könnte schlimmer werden als alles, was es an Wirtschaftskrisen bisher gab. Wenn es so kommt, wird sie sicher nicht in einem Jahr vorbei sein. Die Argumente gegen Steuererleichterungen in der Krise jedenfalls dürften auch dann noch stimmen.

Dagegen steht die Kanzlerin, die kürzlich augenzwinkernd gesagt haben soll, man dürfe nicht gleich zu Anfang sein ganzes Pulver verschießen. Was so viel heißt, wie: Erst mal abwarten ob und wie das jüngst aufgelegte Investitionsprogramm von 32 Milliarden Euro wirkt. Dann kann man sich immer noch über alles unterhalten.

Nur wird es dann wohl zu spät sein, schnell noch etwas umsetzen zu können. Spätestens ab April wird der gesetzgeberische Betrieb in Berlin nahezu eingestellt. Dann kommen in schneller Folge Europa-, Landtags- und zum Finale Ende September die Bundestagswahl.

Wahrscheinlich aber ist es genau das, was Merkel will: Steuersenkungsversprechen, und seien sie in der Krise noch so unsinnig, zum Wahlkampfschlager zu machen und so die SPD vor sich hertreiben. Die Sozialdemokraten werden - wenn sie glaubwürdig bleiben wollen - nicht umhin kommen, ihren bisher harten Kurs gegen Steuersenkungen und für die Haushaltssanierung aufrechtzuerhalten. Läuft es gut für die CDU, glauben die Bürger irgendwann: Die CDU will uns was geben, die SPD nicht. Was dann nach der Wahl ist, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

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