Es ist eine Veranstaltung, wie es sie in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben hat - deswegen lohnt ein Blick auf die Regeln. Am Freitagabend hat der CDU-Parteitag begonnen, am heutigen Samstag wollen die Delegierten den neuen Vorsitzenden wählen - und zwar digital. Bisher war das in Deutschland nicht möglich, denn das Parteiengesetz hat vorgeschrieben, dass Vorstände nur bei Präsenzveranstaltungen gewählt werden dürfen. Doch wegen der Pandemie hat der Gesetzgeber Ende vergangenen Jahres eine Variante zu den bisher üblichen Treffen zugelassen: eine Art digitalen Briefwahl-Parteitag.
Im Fall der CDU sieht das so aus: Am Samstag um 9.30 Uhr beginnt auf dem digitalen Parteitag die Wahl des Vorsitzenden. Erst dürfen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen in dem Berliner Studio, in dem die Bühne aufgebaut wurde, je 15 Minuten lange Bewerbungsreden halten. Dann werden sich die drei den Fragen stellen, die Delegierte von ihren Wohnzimmern aus an sie richten. Anschließend wird digital abgestimmt.
Die digitale Wahl ist "in rechtlicher Hinsicht unverbindlich"
Es wird erwartet, dass es zu einer Stichwahl kommt. Wenn auch die vorbei ist, steht zwar fest, wen die Delegierten virtuell zum neuen CDU-Chef gekürt haben. Juristisch betrachtet ist in diesem Moment aber noch gar nichts entschieden. Das gilt auch für die anschließend vorgesehenen Wahlen der stellvertretenden Parteivorsitzenden, der sonstigen Präsidiumsmitglieder und der Vorstandsmitglieder.
In der Verfahrensordnung der CDU für den Parteitag heißt es, die digitalen Wahlen seien "in Folge der Gesetzeslage in rechtlicher Hinsicht unverbindlich". Sie würden juristisch lediglich "als digitale Vorabstimmungen gewertet". Das Ergebnis dieser digitalen Vorabstimmungen müsse deshalb noch "durch Briefwahl zur Schlussabstimmung gestellt" werden.
Digitaler Parteitag:Und für jeden eine CDU-Tasse
Corona-Testzentrum, Technik-Support, tonnenweise Bühnenmaterial: Der CDU-Parteitag erfordert eine ausgeklügelte Logistik.
Über einen Link können Stimmzettel abgerufen werden
Wenn die digitalen Abstimmungen gelaufen sind, bekommen die Delegierten deshalb einen Link zugemailt, über den sie Stimmzettel abrufen können, auf denen die Sieger der digitalen Abstimmungen stehen. Diese müssen dann ausgedruckt, ausgefüllt und in den bereits an die Delegierten verschickten Stimmzettelumschlag gesteckt werden. Zusammen mit einem ebenfalls schon versandten "persönlichen Berechtigungsschein" kommt der Umschlag dann in einen Rücksendeumschlag, der in die Post muss.
Bei der Wahl berücksichtigt werden alle Briefwahlunterlagen, die bis zum 21. Januar um 18 Uhr eingegangen sind. Am 22. Januar sollen die Stimmzettel dann ausgezählt und das Ergebnis im Berliner Konrad-Adenauer-Haus mitgeteilt werden. Juristisch ist der am Samstag digital gewählte neue CDU-Chef erst dann tatsächlich Parteivorsitzender.
Alle drei Kandidaten wollen das digitale Ergebnis akzeptieren
Dieses Verfahren birgt gleich mehrere Fallstricke - die CDU-Spitze hofft aber, über keinen von ihnen zu stolpern. Zum einen dürfen sich bis zum Beginn der Briefwahl Kandidaten melden. Theoretisch wäre es also möglich, dass Merz digital gewählt wird, sich anschließend aber Jens Spahn zusätzlich auf den Briefwahlzettel schreiben lässt. In der CDU geht man aber davon aus, dass niemand von dem Recht Gebrauch machen wird.
Außerdem wäre es theoretisch möglich, dass ein digital Gewählter bei der Briefwahl durchfällt. In der CDU-Spitze sind sie sich aber sicher, dass das nicht passieren wird. Auch, weil alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz bereits zugesagt haben, das Ergebnis der digitalen Abstimmung in jedem Fall zu akzeptieren. Und so wird die Partei am Samstagmittag doch schon sicher wissen, wer der Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer wird. Obwohl der Parteitag eine Veranstaltung ist, wie es sie noch nie gegeben hat.