Bundespräsidentenwahl:CDU leitet Parteiausschlussverfahren gegen Otte ein

Vorstellung des Kandidaten der AfD für das Amt des Bundespräsident Vorstellung des Kandidaten der AfD für das Amt des B

Am Dienstag auf der Pressekonferenz, umrahmt von den AfD-Entscheidern Alice Weidel und Tino Chrupalla (r.): Max Otte, CDU-Mitglied und Vorsitzender der ultrakonservativen Werteunion.

(Foto: imago images/Bernd Elmenthaler)

Der Chef der umstrittenen Werteunion soll Kandidat der AfD bei der Bundespräsidentenwahl werden. In der Union ist von "Schande" die Rede. Die Partei will ihn nun loswerden.

Von Markus Balser, Berlin

Der neue CDU-Chef hatte schon kurz nach seiner Wahl am Wochenende eine rote Linie zur AfD gezogen. "Alle Liebäugelei mit diesen Leuten führt für uns nur ins Elend", sagte Friedrich Merz am Samstag. Deswegen sei seine Botschaft: "Wir machen da keine Zusammenarbeit, es gibt keine Übereinstimmung." Schon drei Tage später allerdings sah es nicht gut aus um die harte Linie des neuen Parteichefs.

Denn mit dem umstrittenen Chef der ultrakonservativen Werteunion Max Otte soll ausgerechnet ein CDU-Mitglied AfD-Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten werden. Er nehme die Nominierung der AfD gern an, sagte Otte am Nachmittag bei einem gemeinsamen Auftritt mit Tino Chrupalla, Co-Chef der Partei, und Fraktionschefin Alice Weidel im Bundestag. "Ich empfinde den Vorschlag als große Ehre", sagte Otte weiter, er wolle Zeichen setzen, etwa gegen den Abstieg der Mittelschicht und für Freiheitsrechte. Er wolle einen, statt zu spalten. Das Amt stehe über den Parteien.

In der Union löste die Ankündigung heftige Proteste aus. Über den Tag zeichnete sich ab, was am Abend dann offiziell beschlossen wurde: Die CDU will Otte aus der Partei ausschließen. Der Bundesvorstand entschied einstimmig, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten.

"Wer mit der AfD kooperiert oder zusammenarbeitet, kann nicht in der CDU bleiben", sagte der noch amtierende CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Otte wurden mit sofortiger Wirkung seine Mitgliedsrechte entzogen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Parteigerichts werde Otte "bis auf Weiteres ausgeschlossen", sagte Ziemiak.

Führende Unionspolitiker forderten offen einen Rauswurf. Die Kandidatur verstoße gegen alle Regeln und "wäre eindeutig ein parteischädigendes Verhalten, das zwingend auch zu einem Ausschluss führen müsste", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU). "Der scheidende CDU-Parteichef Armin Laschet nannte die Nominierung "eine Schande". Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte, Otte habe in der Union nichts mehr verloren.

Sechs von zehn AfD-Vorständen stimmten für Otte

Für einen Parteiausschluss liegen die Hürden allerdings hoch. In der CDU wird dies seit Längerem auch im Fall des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen diskutiert. Die Personalie könnte die Union noch länger beschäftigen. Denn Otte erklärte, er sehe keinen Grund, aus der Partei auszutreten und lieferte gleich neue Provokationen. Dass der Verfassungsschutz die gesamte AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen wolle, kritisierte der CDU-Politiker scharf. Er sehe mit Sorge, dass der Inlandsgeheimdienst zum "Regierendenschutz" werde. Das sei nicht seine Aufgabe. Der frühere Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen kündigte im Zuge des heftigen Streits unterdessen seinen eigenen Austritt aus der Werteunion an - wegen Otte. "Es ist nicht akzeptabel, dass sich ein Unionsmitglied als Bundespräsidentenkandidat von der AfD aufstellen lässt", sagte Maaßen.

Die AfD-Spitze hatte Otte am Montagabend nach langen Debatten mit knapper Mehrheit nominiert. Sechs der zehn Vorstände sprachen sich nach Angaben von Teilnehmern für die Nominierung aus. Zuvor hatte auch die große Mehrheit der 16 AfD-Landessprecher für den 57 Jahre alten Ökonomen votiert. Nur die Landesverbände von Rheinland-Pfalz und Hamburg waren dagegen.

Die Werteunion, der Otte vorsitzt, zählt etwa 4000 Mitglieder und hat sich selbst zur "Basisbewegung" ernannt. In der Union spielt sie allerdings keine große Rolle. Sie wird von ihr auch nicht offiziell als CDU-Gruppierung anerkannt. Auch in der Werteunion selbst war Otte lange umstritten, noch im Herbst 2019 wollte sie ihn aus der CDU ausschließen lassen. Damals hatte Otte nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke von Hetze gegen Rechte gesprochen. Otte hatte den Tweet später gelöscht und sich bei der Familie entschuldigt. In der Union hieß es am Dienstag, die Vorgänge müssten auch dazu führen, dass sich die CDU künftig noch stärker von der gesamten Werteunion abgrenze.

Die Nominierung ist die Folge jahrelanger Kontakte. Otte unterhält schon länger enge Drähte zur AfD. Von Juni 2018 bis Januar 2021 war er Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Er musste jedoch gehen, nachdem er dafür geworben hatte, auch die Akteure des aufgelösten und als rechtsextrem eingestuften "Flügels" innerhalb der Partei einzubinden. Das lehnten andere Teile der DES-Spitze ab.

Die Personalie gilt auch als Richtungsentscheidung im internen AfD-Machtkampf. Parteichef Tino Chrupalla hatte Otte gegen den Willen von Noch-Co-Chef Jörg Meuthen und seines für AfD-Verhältnisse gemäßigten Lagers vorgeschlagen. Otte hatte Meuthen für seine Parteistrategie in der Vergangenheit hart kritisiert. Dieser sprach sich intern deshalb gegen die Wahl Ottes aus und warnte vor einem "Rohrkrepierer". Meuthen konnte sich im wichtigsten AfD-Gremium jedoch keine Mehrheit gegen Otte sichern. Meuthen hatte bereits seinen Abschied aus der AfD-Spitze auf dem nächsten Parteitag angekündigt - auch weil der Einfluss seines Lagers zuletzt schwand.

Die Wahl des Bundespräsidenten findet am 13. Februar in der Bundesversammlung statt - Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier tritt für eine zweite Amtszeit an. Seine Wiederwahl gilt als sicher. Die AfD kommt in der Bundesversammlung höchstens auf etwas mehr als 150 der fast 1500 Stimmen. Der AfD-Kandidat ist damit chancenlos.

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