BundesregierungMerz brütet über seiner Ministerliste

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CDU-Chef Friedrich Merz und Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, während einer Sitzung im Bundestag.
CDU-Chef Friedrich Merz und Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, während einer Sitzung im Bundestag. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Thorsten Frei, engster Vertrauter des CDU-Chefs, sagt Überraschungen bei der Besetzung der Ministerien durch die Union voraus. Und einen Vorstoß für die Nachfolge von Frank-Walter Steinmeier findet er nicht unsympathisch.

Von Robert Roßmann, Berlin

Langsam wird es ernst für Friedrich Merz. An diesem Mittwoch kehrt er aus dem Osterurlaub zurück. Am 28. April soll ein kleiner CDU-Parteitag den Koalitionsvertrag billigen – und am 6. Mai kommt der Bundestag zur Kanzlerwahl zusammen. Es sind also nur noch zwei Wochen bis zur geplanten Regierungsübernahme. Kein Wunder, dass das Interesse daran, mit welcher Mannschaft Merz regieren wird, ziemlich groß ist. Am Dienstagmorgen lud Thorsten Frei zum Frühstück, er gilt als engster politischer Vertrauter des CDU-Chefs. Der Andrang war entsprechend groß – doch sehr viel mehr wusste man anschließend auch nicht. Ein paar interessante Bemerkungen gab es aber doch.

Frei ist derzeit noch Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, bei den Koalitionsverhandlungen war er im Kernteam. Er wird als Kanzleramtsminister gehandelt. Wie weit ist Merz nun mit seiner Ministerliste? Und wann fällt die Entscheidung?

Der CDU-Chef mache das nicht allein mit sich im stillen Kämmerlein aus, sondern beziehe die Einschätzungen von vielen – auch in den Landesverbänden – in seine Überlegungen mit ein, sagt Frei. Er gehe davon aus, dass Merz „diese Überlegungen in den kommenden Tagen abgeschlossen haben wird“.

Es sei klug, die Zahl derer, „die über diese Überlegungen insgesamt Bescheid wissen, so klein wie irgend möglich zu halten, damit man die Vertraulichkeit der Gespräche bis zum Ende wahren kann“. Und so sei es bisher ja auch, findet Frei. Alles, was er in den Zeitungen und Portalen lese, „das sind Einschätzungen, das sind Mutmaßungen, das sind Plausibilitätsüberlegungen, aber das ist nicht im Einzelnen zutreffend“. Insofern werde „es am Ende ganz sicherlich auch Überraschungen geben“.

Warum Linnemann nicht Wirtschaftsminister werden wollte

Eine solche Überraschung konnte man allerdings schon erleben. Vergangene Woche hatte Carsten Linnemann mitgeteilt, nicht Wirtschaftsminister werden zu wollen, sondern lieber CDU-Generalsekretär zu bleiben. Frei versucht die Entscheidung bei dem Frühstück zu deuten. Linnemann gehöre „wirklich zu den besten Politikern“, weil er zu denen zähle, „die nicht als Erstes die Frage stellen: Was wird aus mir?“ Sondern er sei ein Politiker, für den tatsächlich die Sache im Mittelpunkt stehe, der sich frage, wo er seine Kompetenzen am besten einsetzen könne.

Linnemann sei lange im Ausschuss für Arbeit und Soziales gewesen, das seien die Themen, für die er brenne, sagt Frei. Im Wirtschaftsministerium gehe es aber vor allem um andere Themen, zum Beispiel die Energiepolitik. Linnemann sei jedoch keiner, der sich als Energiepolitiker bezeichnen würde. Deshalb glaube er, als Generalsekretär, mit den zentralen Gestaltungsmöglichkeiten, die er da habe, besser eingesetzt zu sein.

Selbst wenn es so wäre, wie Frei es darstellt: Zumindest im Moment sieht es so aus, als ob die CDU ein Problem damit hat, das Wirtschaftsministerium gut zu besetzen. Es gilt nicht als sonderlich attraktives Ressort. Aber vielleicht gibt es ja tatsächlich noch eine positive Überraschung.

Eine Bundespräsidentin? Die Wahl steht 2027 an

Doch bei dem Frühstück geht es auch noch um eine andere Personalie. Am Wochenende wurde erneut die Forderung laut, dass nach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Frau ins Schloss Bellevue einziehen soll. Ob er den Gedanken an eine Bundespräsidentin sympathisch finde, wird Frei gefragt. „Wie könnte ich so was unsympathisch finden?“, antwortet er. Seine Antwort auf die Frage, ob das Thema Bundespräsident bei den Koalitionsverhandlungen eine Rolle gespielt habe, wird dann deutlich länger.

„Also nicht, wenn ich dabei war“, sagt Frei. „Ich war fast immer dabei, aber nicht, als es ums Personal ging.“ Darum hätten sich die vier Parteivorsitzenden allein gekümmert. Er könne deshalb nichts ausschließen. Sein Tipp sei aber, dass, wenn das Thema Bundespräsident angesprochen worden wäre, „was ich eher nicht glaube“, es „sicherlich nur sehr, sehr kursorisch“ angesprochen wurde. Schließlich habe die Vergangenheit gezeigt, dass man gut daran tue, sich damit erst zu beschäftigen, wenn man wisse, wie sich die Bundesversammlung zusammensetze, die den Bundespräsidenten wählt. Vor der nächsten Präsidentenwahl Anfang 2027 gebe es aber noch fünf Landtagswahlen, durch die sich die Zusammensetzung ändern werde.

Und dann ist da noch die Frage nach möglichen Abweichlern

Doch vor diesen Landtagswahlen steht erst einmal die Kanzlerwahl auf dem Programm. Merz braucht im Bundestag mindestens 316 Stimmen, um ins Amt zu kommen. CDU, SPD und CSU haben zusammen 328 Abgeordnete. Mit wie viel Abweichlern er rechne, wird Frei gefragt. Die Mehrheit sei ja nicht besonders groß.

Frei vermeidet es, eine Zahl zu nennen. Es wäre ja auch unklug, sich selbst eine solche Messlatte zu legen. Aber seine Erwartung formuliert er dann doch. „Grundsätzlich ist es so, dass bei einer Kanzlerwahl, wo es um die Kanzlermehrheit geht, wir schon hoffen und damit rechnen, dass alle Frauen und alle Mann an Bord sind und wissen, was ihre besondere Verantwortung ist“, sagt Frei. „Das ist die Basis für eine Kanzlerschaft und für eine erfolgreiche Regierung.“ Daran hätten CDU, CSU und SPD gleichermaßen Interesse - „und ich finde, das sollten die Kolleginnen und Kollegen schon bei der erstbesten Gelegenheit unter Beweis stellen“.

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