Bundesregierung:Merkel sollte ihr Kabinett umbilden

Bundestag

Ob Altmaier, von der Leyen, Klöckner oder Karliczek: So richtig zufrieden kann Kanzlerin Merkel mit vielen ihrer CDU-Minister nicht sein.

(Foto: dpa)

Fast alle Ressortchefs der CDU haben bisher enttäuscht, vor allem Bildungsministerin Karliczek wirkt überfordert. Wenn Merkel tatsächlich noch Lust hat weiterzuregieren, sollte sie ihre Regierung spätestens nach der Europawahl umbauen.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Mancher Prognose zum Trotz ist die Bundesregierung ein Hort der Stabilität - zumindest was ihr Personal angeht. Angela Merkels Kabinett ist seit mehr als einem Jahr im Amt, aber alle 15 Ministerinnen und Minister sind noch da, die Kanzlerin sowieso. Die beiden letzten Kabinette Merkels hatten ihr erstes Jahr nicht rücktrittsfrei überstanden. Doch jetzt endet die Zeit der Stabilität. Justizministerin Katarina Barley wird ihr Amt niederlegen, die Sozialdemokratin wechselt nach der Wahl ins Europaparlament. Die SPD wird eine neue Ministerin vorschlagen müssen. Merkel sollte das zum Anlass nehmen, auch den CDU-Teil des Kabinetts zu verändern - denn der hat das dringend nötig.

Fünf Ministerien werden von Christdemokraten geführt - vier davon nicht gut genug. Peter Altmaier ist der erste Wirtschaftsminister der CDU seit einem halben Jahrhundert, aber er erfüllt die Erwartungen nicht, die seine Partei in das Amt gesetzt hat. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hangelt sich von einer Affäre zur nächsten, es gibt inzwischen sogar einen Untersuchungsausschuss zu ihrer Bundeswehr-Berateraffäre.

Und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner? Deren Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken ist zwar ziemlich professionell. Aber im Alltag des Regierens, für den sie eigentlich zuständig ist, agiert sie bestenfalls unglücklich - und zwar egal, ob es um das Kükenschreddern, die Ferkelkastration, die Nitratbelastung oder um Glyphosat geht. Noch schlechter ist die Bilanz von Bildungsministerin Anja Karliczek. Von der Leyen hat mehrere Jahre gebraucht, um die Bundeswehr und ihre Soldaten nachhaltig von der CDU zu entfremden. Karliczek ist das mit dem Wissenschaftsbetrieb in wenigen Monaten gelungen. Auch nach einem Jahr wirkt die Quereinsteigerin in ihrem Amt noch heillos überfordert. Das ärgert viele in der CDU - auch wegen der vertanen Chancen.

Der Etat des Bildungsministeriums ist unter Merkel stark gewachsen, er ist inzwischen der viertgrößte im Bundeshaushalt. Es wäre ein leichtes, damit sich und die CDU in ein gutes Licht zu rücken. Aber Karliczek gelingt das nicht. Stattdessen hat sie sich mit Einschätzungen wie der, es sei "nicht an jeder Milchkanne" ein 5G-Netz nötig, ins Abseits gestellt. In der Union kursiert der böse, aber wahre Spruch: "Auch Karliczeks Vorgängerinnen Annette Schavan und Johanna Wanka haben es nicht geschafft, als Bildungsministerinnen zu glänzen - aber die beiden waren wenigstens kompetent." Der einzige der fünf CDU-Ressortchefs, der die Erwartungen erfüllt, ist ausgerechnet der, den Merkel nicht im Kabinett haben wollte: Gesundheitsminister Jens Spahn. Für die Kanzlerin ist das eine erbärmliche Bilanz.

Wenn Merkel tatsächlich noch Lust hat weiterzuregieren, muss sie deshalb spätestens nach der Europawahl ihr Kabinett umbilden, auch wenn das nicht einfach werden wird. Denn es wird sofort die Frage aufkommen, ob Annegret Kramp-Karrenbauer nicht doch ein Ministerium übernehmen sollte - um die Bühne zu haben, die ihr derzeit oft fehlt. Und für manche Ressorts drängt sich in der personell ausgezehrten CDU niemand deutlich besseres als die Amtsinhaber auf. Aber vielleicht schneidet die CDU bei der Wahl ja auch so schlecht ab, dass es anschließend nicht mehr nur um den Austausch von Ministerinnen und Ministern geht.

Zur SZ-Startseite
Angela Merkel im Deutschen Bundestag

Leserdiskussion
:Sollte Merkel neue CDU-Minister suchen?

Altmaier, von der Leyen, Klöckner, Karliczek: Sie alle führen ihr Ministerium nicht gut genug. Die Kanzlerin sollte die Europawahl zum Anlass nehmen, den CDU-Teil ihres Kabinetts umzubilden, kommentiert SZ-Autor Robert Roßmann.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: