CDU:Gretchenfrage Integration

CDU: Es hat nicht allen in seiner Partei gefallen, was Friedrich Merz bei Markus Lanz über Migranten gesagt hat.

Es hat nicht allen in seiner Partei gefallen, was Friedrich Merz bei Markus Lanz über Migranten gesagt hat.

(Foto: Markus Hertrich/ZDF)

Wirtschaft, Energie, Klima: Es gäbe gerade viel zu besprechen. Kurz vor einer Klausurtagung sorgt aber ausgerechnet Parteichef Merz für eine alles überlagernde Debatte um Migration.

Von Robert Roßmann, Berlin

Für Mario Czaja ist das Problem der CDU offensichtlich. Die 30-Prozent-Marke sei für die Union im Moment "eine gläserne Decke", sagt der Generalsekretär. Um wieder eine Chance aufs Kanzleramt zu haben, müsse sie diese Decke durchbrechen. Deshalb sollte sich die CDU um drei Gruppen kümmern, bei denen die Partei "Akzeptanzprobleme" habe: Frauen, junge Familien mit Kindern und Migranten. So hat es Czaja der Süddeutschen Zeitung kurz vor Weihnachten gesagt. Es gibt in Deutschland fast acht Millionen Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund. Das ist ein gewaltiges Reservoir an möglichen Stimmen.

Doch die CDU scheint Czajas Appell schon wieder vergessen zu haben. Die Tonart, in der manche Christdemokraten gerade auf die Silvesterkrawalle reagieren, schreckt auch viele ab, die selbst über die Krawalle erschüttert sind und ein härteres Durchgreifen des Staates fordern. Die Berliner CDU hat nach den Vornamen der Festgenommenen gefragt. Und Friedrich Merz hat bei Markus Lanz an einigen Stellen des Gesprächs das Maß verloren - wie schon in der Debatte um die Flüchtlingspolitik, als er vom "Sozialtourismus" sprach. Bei Frauen und jungen Familien punktet Merz ohnehin nicht richtig - jetzt hat er auch noch Migranten verschreckt.

Serap Güler hat sich zu den Silvesterkrawallen deutlich differenzierter geäußert als Merz

In der CDU ist es trotzdem noch vergleichsweise ruhig. Das mag auch daran liegen, dass in der Parteizentrale angeblich sehr viele positive Rückmeldungen von der Basis ankommen. Nach den vielen Merkel-Jahren gibt es in der CDU offenbar ein Bedürfnis nach klarer Aussprache und deutlichen Positionen - gerade bei diesem Thema. Und wenn man einen Vornamen-Check im Bundesvorstand machen würde, käme man zu dem Ergebnis, dass es dort außer einer Serap und einem Joe nur Menschen mit deutschen Vornamen gibt. Vielleicht rührt auch daher ein mangelndes Gespür dafür, wie Äußerungen wie die von Merz bei vielen Migranten ankommen. Serap Güler hat sich zu den Silvesterkrawallen jedenfalls deutlich differenzierter geäußert als Merz.

Die Abstimmung über das Aufenthaltsgesetz im Dezember hat gezeigt, dass es in der CDU auch Unmut über den Kurs der Spitze in der Migrations- und Integrationspolitik gibt. Damals enthielten sich 20 Unionsabgeordnete, statt das Gesetz wie die Mehrheit der Fraktion abzulehnen. Unter den Enthaltungen waren viele bekannte Christdemokraten wie Armin Laschet, Hermann Gröhe, Helge Braun, Monika Grütters, Serap Güler, Anja Karliczek, Norbert Röttgen, Yvonne Magwas oder Annette Widmann-Mauz. Es soll deshalb eine Extra-Sitzung der Unionsfraktion zu den Themen Migration und Integration geben - allerdings erst am 24. Januar. Denn das Thema sollte nicht die Klausur der CDU-Spitze überlagern, die an diesem Freitag in Weimar beginnt. Mit seinen Äußerungen hat Merz nun allerdings selbst dafür gesorgt, dass das nicht gelingen dürfte.

Der CDU-Chef sieht mit Kummer, dass die Wirtschaftskompetenz seiner Partei nicht mehr so groß ist wie früher. Auf der zweitägigen Klausur möchte er deshalb vor allem über die Themen Wirtschaft, Energie und Klima reden. Gesprächspartner wird dabei unter anderem Clemens Fuest vom Ifo-Institut sein. Am Ende der Klausur will der Bundesvorstand eine "Weimarer Erklärung" verabschieden. Intern wird bereits ein Entwurf dafür herumgereicht. Darin heißt es, die aktuelle Energiekrise sei eine "Chance, unsere Wirtschaft zu erneuern, unsere Industrie neu aufzustellen und unser Land klimaneutral zu machen".

Die CDU wolle "Klimaschutz 'Made in Germany' zum Exportschlager machen"

Die CDU sei "Klimaschutzpartei". Sie wolle "Klimaschutz 'Made in Germany' zum Exportschlager machen". Dazu seien marktwirtschaftliche Anreize statt übermäßige Regulierung und eine "ideologiefreie" Ausweitung des Energieangebots nötig. Die CDU möchte "Bürokratiefesseln" lösen und mit Innovation und Technologie "den Klimawandel aufhalten".

Allein mit der Vermeidung von Kohlendioxid-Emissionen werde man "Klimaneutralität nicht erreichen", heißt es in dem Entwurf. Emissionen müssten nicht nur vermieden, sondern "auch abgeschieden, gespeichert und genutzt werden". Man brauche außerdem "wettbewerbsfähige Steuern und Abgaben, flexible Arbeitsmärkte und zusätzliche Fachkräfte in allen Bereichen unserer Volkswirtschaft, auch in der öffentlichen Verwaltung".

Doch wenn die Klausur am Samstagmittag zu Ende geht, wird Merz aller Voraussicht nach nicht zu alldem befragt werden, sondern vor allem zur Haltung seiner Partei gegenüber den Bürgern mit Migrationshintergrund.

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