Süddeutsche Zeitung

Wer ist die Zukunft der CDU?:Merkel muss für neue Gesichter sorgen

In der CDU wird der Ruf nach einem Generationswechsel laut. Wenn die Parteichefin keine Getriebene werden will, muss sie selbst den Übergang einleiten.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Die CDU ist eine disziplinierte Partei, sie stellt ihre Führung nicht ohne Not infrage - und selbst in der Not begehren Christdemokraten selten auf. Das unterscheidet sie von den Sozialdemokraten, aber auch von der CSU, die gern mit selbstzerstörerischer Leidenschaft über ihre Vorsitzenden Gericht halten. Umso ernster sollte Angela Merkel die Zeichen nehmen, die sich in der CDU gerade häufen.

Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union wurde CDU-Generalsekretär Peter Tauber von den Delegierten mit Buhrufen empfangen. Volker Kauder, einem der wichtigsten Getreuen der Kanzlerin, verweigerten bei seiner Wiederwahl zum Fraktionschef 59 Unionsabgeordnete die Unterstützung. Paul Ziemiak, der Chef der Jungen Union, hat lautstark "neue Köpfe" in Partei, Fraktion und Regierung gefordert. Und jetzt verlangt sogar Daniel Günther, einer der Lieblingsministerpräsidenten Merkels, "neue Gesichter" in den Führungspositionen. In der CDU hat, ausgelöst vom Einbruch der Partei bei der Bundestagswahl, eine Personaldebatte begonnen. Dabei geht es vor allem um einen Generationswechsel. Und der ist tatsächlich überfällig.

Im November beginnt das 13. Amtsjahr der Kanzlerin. Auch ihre Kernmannschaft ist bereits ewig dabei. Thomas de Maizière, Ursula von der Leyen und Wolfgang Schäuble gehörten schon Merkels erstem Kabinett an (wie übrigens auch Horst Seehofer). Peter Altmaier war damals bereits Innen-Staatssekretär. Und Kauder ist auch seit November 2005 im Amt. In diesem Zeitraum hatte die SPD sechs Vorsitzende.

Merkel hat zwar recht, wenn sie sagt, junge Köpfe allein seien noch nicht die Lösung der Probleme. Aber wenigstens für ein paar neue Gesichter sollte die CDU-Vorsitzende schon sorgen. Dass in Schleswig-Holstein jetzt der 44-jährige Günther regiert und in Sachsen der 42-jährige Michael Kretschmer Ministerpräsident werden soll, liegt ja nicht an Merkels Einsatz für die jungen Christdemokraten.

Günther verdankt seinen Aufstieg dem Führungschaos in der Schleswig-Holstein-CDU, seit 2010 wechselte der Parteivorsitz fünf Mal. Bei der Landtagswahl war Günther nur der Ersatz-Spitzenkandidat - ein exzellenter, wie sich dann herausstellte. Und Kretschmer steigt in Sachsen lediglich deshalb auf, weil Ministerpräsident Stanislaw Tillich sein Amt zermürbt aufgibt. Bei der Bundestagswahl hat die AfD in seinem Land die CDU überholt. Insofern hat Merkel mit dem Generationswechsel in Sachsen doch zu tun, wenn auch auf eine Weise, die ihr nicht zum Ruhm gereicht. Denn bei der Bundestagswahl stand ja nicht Tillich zur Wahl, es ging vor allem um die Zukunft der Kanzlerin.

Wenn Merkel in ihrer Partei nicht zur Getriebenen werden will, muss sie den Generationswechsel in der Führung jetzt selbst einleiten. Den Anfang wird sie spätestens bei der Ernennung der nächsten CDU-Minister machen müssen. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer, Julia Klöckner, Jens Spahn, David McAllister und anderen gibt es ja mögliche Kandidaten genug. Merkel müsste nur endlich wollen.

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SZ vom 20.10.2017/bemo/stein
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