Merkel und Kramp-Karrenbauer:Der Kitt bröselt

Bundestag - Beginn Haushaltswoche

Angela Merkel steht in der Popularität längst wieder weit oben, Annegret Kramp-Karrenbauers Werte sinken stetig.

(Foto: dpa)

Es war abzusehen: Merkels Idee, ohne Vorsitz Kanzlerin zu bleiben, musste jedem denkbaren Nachfolger an der Spitze der CDU die Profilierung erschweren - und müsste auch Merkel inzwischen zu denken geben.

Kommentar von Nico Fried, Berlin

Es gibt, so hat es Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt der Bild am Sonntag gesagt, "kein Zerwürfnis mit Angela Merkel". Sehr wahrscheinlich stimmt das sogar. Politische Zweierbeziehungen dieser Art zerbrechen nicht auf einen Schlag, sie zerfallen Stück für Stück. Das war selbst bei Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine nicht anders, auch wenn der Rücktritt des Finanzministers und SPD-Vorsitzenden im März 1999 recht plötzlich kam. Letztlich stand aber auch diese Flucht am Ende einer langen Phase der Entfremdung, in der selbst der politische Zweck, der beide vorher vereint hatte, seine Klebekraft verlor.

So weit sind Merkel und Kramp-Karrenbauer noch lange nicht. Aber der Kitt bröselt, und das war auch nicht anders zu erwarten. Denn jetzt schnappt die Falle zu, von der bei Kramp-Karrenbauers Übernahme des Verteidigungsressorts viel die Rede war. Die CDU-Vorsitzende steht als Ministerin in der Disziplin des Kabinetts, Merkel ist die Chefin, Kramp-Karrenbauer die Ministerin. In Abwandlung einer legendären Kategorisierung Gerhard Schröders für das Verhältnis von SPD und Grünen könnte man nun von Köchin und Kellnerin sprechen.

Weniger die Aufregung über die getrennte und damit teure und klimaschädliche Anreise der beiden Politikerinnen in die USA war ein weiteres kleines Symbol dafür, wie schwer sich die CDU-Vorsitzende und neuerdings Verteidigungsministerin damit tut, ihre Rolle neben der Nur-noch-Kanzlerin zu finden. Viel schlimmer war für Kramp-Karrenbauer, was nach der Landung geschah: eine christdemokratische Zwei-Klassen-Gesellschaft.

Kramp-Karrenbauer hatte - nur zur Erinnerung - ihren Vorsatz, nicht ins Kabinett zu gehen, im Juli über den Haufen geworfen, um mit dem Verteidigungsministerium mehr Platz auf der Bühne öffentlicher Aufmerksamkeit zu bespielen. Sie sagte: Ich tu's für die Bundeswehr und die CDU. Die Erfahrung und der gesunde Menschenverstand lehren: Sie tat es auch für sich. Ein Vorteil des Verteidigungsministeriums besteht darin, dass es auch mit Außenpolitik zu tun hat. Und an Krisen herrscht bekanntlich kein Mangel. Profilierungschancen allenthalben.

Das Problem der CDU liegt nur vordergründig in Kramp-Karrenbauers Glücklosigkeit

Doch nun platzierte Kramp-Karrenbauer vergangene Woche ihren Antrittsbesuch beim schwierigen, aber immer noch wichtigsten Verbündeten ausgerechnet im Schatten der Reise Merkels zu den Vereinten Nationen. Die Kanzlerin traf sich mit Donald Trump, mit dem iranischen Präsidenten Rohani, sogar mit Greta Thunberg und Werweißmitwemnoch. Kramp-Karrenbauer führte ein Gespräch mit dem neuen US-Verteidigungsminister, dessen Name wie lautet ...? Genau.

Merkel steht in der Popularität längst wieder weit oben, Kramp-Karrenbauers Werte sinken stetig und die der CDU werden auch nicht besser. Es ist, als habe die Kanzlerin mit der Abgabe des Parteivorsitzes ihr Negativimage weitgehend in die CDU ausgelagert, so wie ein Finanzinstitut seine faulen Kredite in einer Bad Bank parkt.

Deshalb liegt das Problem der CDU auch nur vordergründig in Kramp-Karrenbauers Glücklosigkeit, die - wenn man schon rot-grüne Parallelen zieht - ein bisschen an Rudolf Scharping erinnert. Das Problem war vielmehr von Beginn an angelegt in Merkels Idee, ohne Vorsitz Kanzlerin zu bleiben. Das musste jedem denkbaren Nachfolger die Profilierung erschweren - und müsste auch Merkel inzwischen zu denken geben.

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