Die Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus steuert bereits auf ihr Ende zu, da will Jan Redmann noch mal deutlich machen, wie er das sieht mit der AfD. „Die AfD hat am Wochenende bei ihrem Parteitag versucht, Schminke aufzutragen auf dieselbe hässliche Fratze, die sich unter dieser Tünche befindet“, sagt der Brandenburger CDU-Chef, der im Herbst gerne Ministerpräsident werden will. Man kenne die AfD sehr genau. Deren Spitzenvertreter begriffen sich als „der politische Arm eines breiten Spektrums von Extremisten“.
Die Botschaft, die rüberkommen soll, ist klar: Mit denen? Niemals. Die harte Positionierung Redmanns kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in den kommenden Monaten kompliziert wird für die CDU. Am 1. September wird in Sachsen und Thüringen gewählt, drei Wochen später in Brandenburg. Und die Europawahl hat gezeigt, womit die Christdemokraten es zu tun bekommen: mit einer AfD, die in allen drei Bundesländern vor ihnen liegt.
In Sachsen setzt die Partei auf Amtsinhaber Kretschmer
Am späten Sonntagnachmittag ist die CDU-Spitze deshalb zu einer Präsidiumsklausur in Berlin zusammengekommen; am Montagvormittag wurde weiter diskutiert, danach traf sich auch noch der Bundesvorstand. Im Zentrum: die Strategien für die Ostwahlen.
Das Erstaunlichste an dieser Klausur ist, wie zufrieden die meisten Präsidiumsmitglieder anschließend über die Ostverbände sprechen. Die Landesvorsitzenden von Thüringen und Brandenburg, Mario Voigt und Jan Redmann, hatten ihre Strategien vorgetragen; Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wurde wegen eines privaten Termins durch seinen Vertrauten Conrad Clemens vertreten. Allen Dreien gelang es offenbar, die Sorgen der Parteispitze vor dem Wahlausgang zumindest etwas verringert zu haben.
Die drei Landesverbände haben dabei unterschiedliche Strategien. Die sächsische ist naheliegend: Die Christdemokraten wollen dort stark auf den Amtsbonus von Kretschmer setzen. In Thüringen dagegen ist die CDU in der Opposition. Allerdings sei es ihr dort gelungen, den Wahlkampf zu einem Duell zwischen ihrem Spitzenkandidaten Mario Voigt und dem AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke werden zu lassen, hieß es nach der Klausurtagung. Bodo Ramelow spiele, obwohl er Ministerpräsident sei, seit dem Fernsehduell zwischen Voigt und Höcke und dem Einbruch der Linken bei der Europawahl keine große Rolle mehr.
Es gehe in Thüringen jetzt um ein Duell zwischen einem Christdemokraten und einem Rechtsradikalen – so sehen sie es in der CDU. Auch die Wähler im Osten hätten das Bedürfnis, dass ihr Wahlkreis durch anständige Politiker vertreten werde. Angesichts der AfD als möglicher Alternative sei die Chance gestiegen, dass die Bürger sich für die Union entschieden. Außerdem will die Thüringer CDU damit für sich werben, dass eine Stimme für sie eine Stimme für klare Verhältnisse wäre. Ramelow regiert seit Jahren mit einer Minderheitsregierung.
In Brandenburg liegt der Fokus auf SPD-Ministerpräsident Woidke
In Brandenburg wird erst am 22. September gewählt. Dort hofft man, dass es nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen zu keiner Kakofonie innerhalb der CDU kommt, sondern dass man auf Erfolge in beiden Ländern aufbauen kann. Kretschmer und Voigt kommen deshalb schon wenige Tage nach ihren Wahlen nach Brandenburg, um dort die CDU zu unterstützen.
Vor allem aber will die Brandenburger CDU mehr als je zuvor auf einen Wahlkampf „von unten“ setzen, also auf ihre Mitglieder in Gemeinde- und Stadträten. Und sie will die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke in den Fokus nehmen, einer Partei aus der im Osten besonders unbeliebten Berliner Ampelkoalition. Bei der Kommunal- und der Europawahl hat das schon funktioniert – da lag die CDU vor den Sozialdemokraten.
Allen drei Landesverbänden ist gemein, dass sie das BSW von Sahra Wagenknecht für einen potenziellen Koalitionspartner halten. Dass die Bundes-CDU ihnen keine Steine in den Weg legen wird, auch darüber bestand bei der Klausur in Berlin Einigkeit. Genauso wie darüber, jetzt nicht über mögliche Koalitionen zu reden – auch das ist eines der Ergebnisse der Klausur.
Doch so sehr die Wahlen im Osten derzeit im Zentrum stehen: In der CDU-Spitze arbeiten sie bereits auf einen anderen Wahltermin hin – die Bundestagswahl. Die könnte nämlich, so sieht es CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, durchaus früher als zum regulären Wahltermin im Herbst 2025 auf sie zukommen. Sie hörten „auf den Fluren“ immer häufiger das Wort „Vertrauensfrage“, sagt er am Montagmittag, und auch die Haushaltsberatungen steckten bekanntlich weiter in der Sackgasse. „Für den Fall der Fälle sind wir vorbereitet“, sagt Linnemann.
Inzwischen sind die Pläne in der Parteizentrale recht konkret. Sie seien in der Lage, „sehr schnell“ ein Wahlprogramm zu schreiben, betont Linnemann, auf Basis des neuen Grundlagenprogramms, das der Parteitag im Mai beschlossen hat. Die Parteispitze hat jetzt festgelegt, dass Linnemann und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, den Prozess rund um ein Bundestagswahlprogramm koordinieren sollen.
Auf die Frage, wie hoch er die Wahrscheinlichkeit einer vorgezogenen Bundestagswahl noch in diesem Jahr einschätze, sagte Linnemann dann übrigens: „ein Drittel“.