Süddeutsche Zeitung

Wettbewerb um CDU-Vorsitz:Kramp-Karrenbauer kritisiert Merz und Röttgen

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Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Nachfolge-Bewerber Norbert Röttgen und Friedrich Merz kritisiert und indirekt deren Kanzlerfähigkeit infrage gestellt. Röttgen hatte am Donnerstag seinen Vorschlag für einen Mitgliederentscheid über den CDU-Vorsitz erneuert, und Merz benannte tags darauf die Leiterin seiner Bewerbungskampagne.

"Die Kandidaten, die sich für den Parteivorsitz bewerben, werden auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, ob sie kanzlerfähig sind. Jeder muss selbst entscheiden, welchen Fragen er Priorität einräumt", sagte Kramp-Karrenbauer der Welt am Sonntag. Dann fügte sie hinzu: "In einer Lage, in der das gesamte Land gezwungen ist, seine Schulen zu schließen, als allererstes daran zu denken, wie die CDU jetzt schnellstmöglich die Kandidatenfrage löst oder Kampagnen-Managerinnen vorzustellen, mag eine Priorität sein. Meine wäre es nicht." Nun müsse gelten: "Erst das Land, dann die Partei und dann die Person."

Am Sonntag wurde sogar die Forderung laut, das Kandidatenrennen um den Vorsitz sofort zu beenden. Die Kandidaten sollten ihre eigenen Interessen zurückstellen und sich untereinander einigen, sagte Christian Haase, Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der Partei, nach einer außerordentlichen Sitzung des Vorstands. Im Dezember könne der neue CDU-Chef dann gewählt werden. Angesichts der Auswirkungen des Coronavirus auf das Leben der Menschen verstehe niemand langwierige Personaldiskussionen. Die KPV vertritt 75 000 Amts- und Mandatsträger in der Union.

Um den CDU-Vorsitz bewirbt sich neben Ex-Umweltminister Röttgen und und Ex-Unionsfraktionschef Merz noch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Merz gilt als Favorit des Wirtschaftsflügels und vieler konservativer Christdemokraten.

Ihren Rücktritt hätte Kramp-Karrenbauer nicht verkündet, hätte sie gewusst, was kommt

Kramp-Karrenbauer sagte, wann der CDU-Parteitag mit der Wahl ihres Nachfolgers stattfinde, sei gegenwärtig von geringer Bedeutung. "Angesichts der Corona-Lage ist das eine Frage, die die Menschen nicht interessiert. Ich führe meine Partei als Vorsitzende mit ganzer Kraft, bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin gewählt ist." Auf die Frage, ob sie ihren Rückzug auch dann angekündigt hätte, wenn sie gewusst hätte, wie heftig die Corona-Krise wird, sagte sie: "Nein. Ich hätte damit gewartet."

CSU-Chef Markus Söder warnte die Schwesterpartei davor, die politische Mitte zu verlieren. "Wenn man Kanzler werden will, muss man in NRW und in Bayern gut abschneiden. Es geht um eine klare Abgrenzung zur AfD, dabei darf man vor allem die Mitte nicht verlieren", sagte der bayerische Ministerpräsident der Funke-Mediengruppe. Er erinnerte an den bayerischen Landtagswahlkampf 2018, als die CSU versucht hatte, mit einem scharfen Rechtskurs der AfD Boden zu entziehen. "Wir haben festgestellt, dass man in der Mitte mehr verliert, als man rechts zu gewinnen hofft." Er fügte aber auch hinzu: "Die Bindekraft der Union muss immer tief in der Mitte verortet sein, aber auch das konservativ-patriotische Spektrum einbinden." Söder erklärte, an der Frage der künftigen Einigkeit werde die Führungsfähigkeit des neuen CDU-Chefs gemessen werden. "Wenn uns das nicht gelingt, gehen wir den Weg der SPD. Die wählt Vorsitzende und demontiert sie wenig später."

Die drei Bewerber haben ihre Kampagnen auf Eis gelegt

Mit der Absage des CDU-Parteitags infolge der Coronavirus-Epidemie am Donnerstag hatten auch die drei Vorsitzbewerber ihre parteiinternen Kampagnen vorerst ausgesetzt, wie es hieß.

Röttgen sagte: "Bei aller Bedeutung, die die Zukunft der CDU für die Zukunft des Landes hat, müssen jetzt alle Fragen des Wohls einer Partei zurückstehen gegenüber dem Wohl des Landes. Meine Kampagne hat deshalb Pause." Der Bild am Sonntag sagte er weiter: "Auf Deutschland kommt eine Dreifach-Krise zu. Die Corona-Epidemie trifft mit einem Wirtschaftsschock und einem ungelösten Flüchtlingsdrama zusammen. Eine solche Ballung von Problemen hat es in unserem Land seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht gegeben." Es gebe jetzt neue Prioritäten. "Ein parteiinterner Wettbewerb zählt nicht mehr dazu."

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