CDU:"Bis zum Sommer sollten wir Klarheit haben"

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Über Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz müsse jetzt "zügig" entschieden werden, fordert Susanne Eisenmann, CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Baden-Württemberg.

Interview von Claudia Henzler, Stuttgart

Susanne Eisenmann ist Kultusministerin und Spitzenkandidatin der CDU für die Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2021. Ende des Jahres geht der Wahlkampf für sie in die heiße Phase. So lange dürfe sich die Partei auf Bundesebene nicht Zeit lassen, um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin und CDU-Bundesvorsitzende zu klären, sagt sie. Die 55-Jährige regt einen Generationenwechsel in der Parteiführung an.

SZ: Steht die CDU vor einer Spaltung?

Susanne Eisenmann: Nein, das sehe ich nicht. Wir diskutieren schon länger die Frage, wie wir uns inhaltlich profilieren. Und ich wünsche mir, dass wir diesen Prozess nun auch nach der Entscheidung von Annegret Kramp-Karrenbauer zügig vorantreiben. Wir sollten uns dabei aber an konkreten Inhalten orientieren und nicht an irgendwelchen Richtungsfragen.

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Ist die Abgrenzung der CDU nach links und rechts denn noch zeitgemäß?

Ja, die ist zeitgemäß - mit unterschiedlichen Begründungen. Für mich ist das deshalb auch keine Gleichsetzung. Rechts braucht man sich nur anzuschauen, wie bestimmte Personen der AfD auftreten: Das ist rassistisch, rechtsradikal - und völlig indiskutabel. Ganz links sind das Welt- und das Menschenbild, der Umgang mit der Geschichte - Stichwort ehemalige DDR - und viele politische Vorstellungen wie etwa in der Wirtschafts- und in der Sicherheitspolitik nicht kompatibel mit den Grundüberzeugungen der CDU. Da muss die CDU für sich klar sagen: Das sind unterschiedliche Werte, das passt einfach nicht zusammen. Zu dieser Haltung der CDU gibt es klare Beschlüsse, die ich für richtig halte. Ich habe keinerlei Verständnis für diese ständige Diskussion. Das sind machtpolitische Spiele, da geht es nicht um Inhalte. Im Sinne von Werten, Haltung und Orientierung ist das niemandem mehr zu vermitteln.

Susanne Eisenmann, 55, ist Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg. (Foto: Tom Weller/dpa)

Nach dem Versuch, diese Haltung umzusetzen, hat die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt kapituliert. Wie kann man den Laden denn zusammenhalten?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat für sich den Schluss gezogen, dass sie definitiv nicht als Kanzlerkandidatin der CDU antritt und daran das Thema Bundesvorsitz gekoppelt. Inwieweit die Vorgänge in Thüringen oder eher grundsätzliche Themen eine Rolle gespielt haben, kann ich nicht beurteilen. Aber ich finde es honorig, dass sie zu der Erkenntnis gekommen ist, dass sie aus ihrer Sicht nicht mehr die Autorität besitzt, um die Partei inhaltlich voranzubringen und für Geschlossenheit zu sorgen. Vor dieser Entscheidung habe ich wirklich großen Respekt.

Wer soll jetzt Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender werden?

Zunächst einmal ist es wichtig, dass sich der Bundesvorstand darauf verständigt, wie das weitere Verfahren ist. Ich halte nichts davon, dass wir jetzt in Panik oder Hektik ausbrechen, aber wir müssen die Frage von Kanzlerkandidatur und Bundesvorsitz sachlich und zügig klären.

Also noch vor dem für Dezember geplanten Bundesparteitag in Stuttgart?

Wir können uns sicher nicht bis Ende des Jahres Zeit lassen, um zu Entscheidungen zu kommen. Das würde dazu führen, dass wir uns in Personaldebatten austoben und inhaltlich überhaupt nicht vorankommen. Bis zum Sommer sollten wir Klarheit haben. Es gibt ja auch Unruhe an der Parteibasis. Die möchte wissen, für was wir inhaltlich stehen, wie wir uns wieder stärker profilieren und welche Person das am besten verkörpert.

Sie haben nach Kramp-Karrenbauers Verzicht einen Generationenwechsel gefordert. Heißt das, dass Sie Herrn Spahn als Kanzlerkandidaten im Auge haben?

Ich halte den Zeitpunkt für geeignet, um jetzt zumindest darüber zu diskutieren, ob wir einen Generationenwechsel anstreben, zum Beispiel mit Jens Spahn. Das ist für mich ein Teil der Abwägung, die die Führungsgremien nun vornehmen müssen. Schließlich müssen wir uns für die Zukunft aufstellen.

Befürchten Sie, dass sich die erneute Personaldebatte auf Ihre Wahl in Baden-Württemberg auswirkt? Die ist schon im März 2021 - ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl.

Wir werden alles daran setzen, dass die CDU in Baden-Württemberg wieder stärkste Partei wird. Ich erwarte, dass Berlin das im Blick hat. Wir brauchen eine zügige Lösung, damit klar wird: Die CDU hat das Heft des Handelns in der Hand und schafft es, personell und auch inhaltlich Entscheidungen zu treffen. Es darf nicht sein, dass uns Streitereien das ganze Jahr 2020 über begleiten und diese dann im Dezember ihren Höhepunkt haben. Das wäre für uns vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg mit Sicherheit nicht hilfreich.

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