Süddeutsche Zeitung

CDU:Zweifel an Julia Klöckner als Schatzmeisterin

Auf dem Parteitag an diesem Samstag soll die frühere Landwirtschaftsministerin in das Amt gewählt werden. Nicht alle halten das für eine kluge Idee.

Von Robert Roßmann, Berlin

Julia Klöckner ist in ihrer Zeit als Bundeslandwirtschaftsministerin nicht immer dadurch aufgefallen, den gebotenen Abstand zu Unternehmen zu halten. Legendär ist ein Video, in dem Klöckner zusammen mit dem Nestlé-Deutschland-Chef die Zucker-, Fett- und Salzreduktionsstrategie des Konzerns lobt. Die CDU-Politikerin ließ das Video sogar über den Account ihres Ministeriums twittern, was auch in der eigenen Partei für Unmut sorgte. Schließlich gibt es Konzerne, die weniger umstritten als Nestlé sind. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter klagte damals zum Beispiel: "Das geht gar nicht, sich als Ministerium so eng an eine Firma zu binden."

An diesem Samstag soll Klöckner zur Bundesschatzmeisterin ihrer Partei gewählt werden - was erneut einige grummeln lässt. Denn in ihrer künftigen Funktion wird Klöckner auch für Spenden von Unternehmen zuständig sein. Weil die CDU wegen der schlechten Wahlergebnisse weniger Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten wird und die Zahl der Mitglieder, die Beiträge zahlen, ebenfalls sinkt, dürfte die Bedeutung dieser Spenden sogar noch steigen. Ist es da eine kluge Entscheidung, Klöckner zur Schatzmeisterin zu machen? Die bisherige Ministerin hat sich Mitte Dezember ja auch zur wirtschaftspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion wählen lassen. Sie entscheidet also an prominenter Stelle mit, welche Pläne die Union für den Umgang mit Unternehmen hat.

"Ich sehe da keinen Interessenkonflikt", sagt Klöckner, wenn man sie darauf anspricht. Als Regierungsmitglied hätte sie sich nicht um das Amt der Schatzmeisterin beworben - aber jetzt sei sie ja keine Ministerin mehr, sondern in der Opposition. Außerdem seien Spenden von Firmen nichts Unanständiges. "Erstens dürfen sie sich nie etwas erkaufen als Unternehmen - und zweitens können sie sich das auch nicht", sagt Klöckner.

Sie trete "auch auf Wunsch von Friedrich Merz" an, sagt Klöckner

Die 49-Jährige ist schon seit einem Jahrzehnt stellvertretende Bundesvorsitzende. Doch beim Parteitag an diesem Samstag kandidiert sie nicht wieder für dieses Amt, sie hätte es vermutlich auch schwer gehabt. Stattdessen trete sie "auch auf Wunsch von Friedrich Merz" als Schatzmeisterin an, sagt Klöckner. Das hat für sie den Vorteil, dass sie weiterhin im CDU-Präsidium - dem engsten Führungszirkel der Partei - sitzen darf. Und es hat für Merz den Vorteil, dass er bei der von ihm für nötig erachteten Neuaufstellung der Parteispitze freier agieren kann. Auch die bisherigen stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Volker Bouffier, Jens Spahn und Thomas Strobl treten nicht erneut an.

Merz wisse aber auch um ihre Erfolge als rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende, sagt Klöckner. "Der Landesverband war, um es freundlich auszudrücken, finanziell sehr gebeutelt - und mit einem guten Team habe ich ihn in zehn Jahren nicht nur schuldenfrei gemacht, sondern auf sehr solide finanzielle Füße gestellt."

Erstaunlich bleibt die Personalie Klöckner trotzdem. Denn die CDU steht ja bereits wegen eines anderen Falls in der Kritik. Astrid Hamker, die Präsidentin des Wirtschaftsrats, darf an allen Bundesvorstandssitzungen der CDU teilnehmen - samt Rederecht. Dabei ist der Wirtschaftsrat kein CDU-Gremium, sondern ein Verband, der nach eigener Aussage "Interessen der unternehmerischen Wirtschaft" gegenüber der Politik vertritt.

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