Süddeutsche Zeitung

CDU-Klimapolitik:Mit einem Mix zum Mischwald

"Das ist heute die Aufforstung der CDU": Der Parteivorstand beschließt ein Konzept zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes.

Von Robert Roßmann, Berlin

Andreas Jung ist eigentlich ein zurückhaltender Mensch. Der stellvertretende Unionsfraktionschef gehört in Berlin nicht zu den politischen Lautsprechern. Aber an diesem Tag setzt auch er auf das Plakative. "Das ist heute die Aufforstung der CDU", sagt Jung bei der Vorstellung des Beschlusses seiner Partei zur Klimapolitik. 34 Seiten ist das Werk lang. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen schließe die CDU "glaubwürdig" die Lücke, die in der Klimapolitik "zwischen den selbst gesetzten Zielen und dem Erreichten" entstanden sei, sagt Jung - unter dessen Federführung der Beschluss zustande kam. Der 44-Jährige ist an diesem Montag zusammen mit CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ins Foyer des Adenauer-Hauses gekommen, um den Beschluss vorzustellen. Er trägt den Titel "Klimaeffizientes Deutschland - mit Innovationen in die Zukunft" und ist gerade einstimmig vom CDU-Vorstand gebilligt worden. Das Konzept enthält Dutzende einzelner Maßnahmen, Jung spricht deshalb von einem "Mischwald", aber der sei "ja bekanntermaßen am nachhaltigsten".

Zu den Kosten kann Jung allerdings noch nichts sagen. Die derzeit oft genannte Zahl von 40 Milliarden Euro, die das Klimaschutzpaket angeblich bis 2023 kosten werde, beziehe sich nicht auf das CDU-Papier, sagt er. Was die Vorschläge seiner Partei am Ende kosten werden, dazu könne man noch "keine genauen Zahlen nennen", denn das hänge noch von der konkreten Ausgestaltung ab.

Privates Kapital soll in einen Klimafonds fließen, um Schlüsseltechnologien zu fördern

Der CDU-Beschluss sieht keine CO₂-Steuer, sondern eine Bepreisung über einen Zertifikatehandel vor. Den Mehrwertsteuersatz für Bahnreisen will die Partei generell auf sieben Prozent senken. Voraussetzung dafür sei aber "die klare Verpflichtung der Deutschen Bahn, die Steuersenkung dauerhaft 1 : 1 über entsprechend geringere Fahrpreise an die Kunden weiterzugeben", heißt es in dem Beschluss. Dasselbe erwarte man "von privaten Bahnunternehmen". Im Gegenzug soll der Flugverkehr verteuert werden. Die CDU will die Ticketabgabe für Inlandsflüge von derzeit 7,38 Euro pro Ticket verdoppeln. Zubringerflüge sollen dabei aber genauso ausgenommen werden wie "weitere derzeit privilegierte Flüge (zum Beispiel Inselflüge)". Auf eine ursprünglich erwogene Verdreifachung der Ticketabgabe für Inlandsflüge, die kürzer als 400 Kilometer sind, verzichtete die CDU am Ende.

Die Partei schlägt auch eine Ausweitung der Lkw-Maut "auf alle Landesstraßen und kommunale Straßen nach Schweizer Vorbild" vor. Die Pendlerpauschale soll in dem Maße erhöht werden, wie der CO₂-Preis die Mineralölsteuer verteuert. Die Kfz-Steuer will die CDU umfassend auf CO₂-Ausstoß umstellen. Entlastungen für die Bürger soll es unter anderem bei der Stromsteuer geben. Forderungen aus der CDU, das Verbandsklagerecht einzuschränken, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, wurden dagegen nicht in den Beschluss aufgenommen - auch um die Umweltverbände nicht zu verprellen.

Trotz Widerstands in der CDU findet sich in dem Werk aber die Forderung nach einem "Klima- und Innovationsfonds". Um privates Kapital dafür "zu mobilisieren, schlagen wir eine Klimaanleihe vor", heißt es in dem Beschluss. Über den Fonds wolle man "Schlüsseltechnologien für nicht-fossile Mobilität, Wärme und Wertschöpfung und die dafür benötigte Infrastruktur genauso wie Klimaschutz-Projekte etwa zu Walderhalt und Aufforstung, national und international fördern".

Mit dem Geld aus einer solchen Anleihe könnte die CDU ihr Problem verkleinern, einerseits Milliarden für den Klimaschutz ausgeben, andererseits aber an der schwarzen Null festhalten zu wollen. Als Verzinsung für eine solche Anleihe sind zwei Prozent im Gespräch. Im Wirtschaftsflügel der Union heißt es jedoch, damit würde man den bereits darbenden deutschen Banken zusätzlich Konkurrenz machen. In der Spitze der Unionsfraktion wurde außerdem darauf verwiesen, dass man es vor dem Bundesrechnungshof kaum werde rechtfertigen können, für eine Anleihe Zinsen zu zahlen, während man wegen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank das Geld als Staat auch kostenlos aufnehmen könne.

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Quelle:
SZ vom 17.09.2019
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