CDU in Nordrhein-Westfalen:Rüttgers rudert zurück

"Eine Entgleisung": Die Opposition in Nordrhein-Westfalen ist empört über die Rumänen-Schelte von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Der will weiter für die heimischen Arbeiter kämpfen.

D. Graalmann und J. Nitschmann

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat mit einer beleidigenden Attacke gegen rumänische Arbeiter Empörung bei der Opposition ausgelöst. Während des jüngsten Kommunalwahlkampfes hatte Rüttgers auf einer Kundgebung in Duisburg am 26. August im kämpferischen Tonfall gerufen: "Im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die in Rumänien eben nicht morgens um sieben zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da. Sondern sie kommen und gehen, wann sie wollen, und wissen nicht, was sie tun."

CDU in Nordrhein-Westfalen: "Ich wollte niemanden beleidigen": Jürgen Rüttgers (CDU) entschuldigt sich für seine Rumänen-Schelte.

"Ich wollte niemanden beleidigen": Jürgen Rüttgers (CDU) entschuldigt sich für seine Rumänen-Schelte.

(Foto: Foto: dpa)

Die Rede war erst jetzt durch ein Video bekannt geworden, das NRW-Jusos aufgenommen hatten. Der Mitschnitt kursierte tagelang unbeachtet sowohl auf der SPD-Homepage als auch im Internetportal YouTube. Erst durch eine SZ-Anfrage am Donnerstagabend wurde das Thema erneut publik. Diese Aussage sei "nah dran an der Volksverhetzung", sagte der SPD-Fraktionsvize Ralf Jäger der Süddeutschen Zeitung und merkte an: "Ein angeblicher Arbeiterführer sollte Arbeiter nicht beschimpfen - weder in Deutschland noch in Rumänien."

Auch die Grünen, die eine kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt haben, sind entrüstet. Die Aussagen stellten "eine ungeheuerliche Entgleisung dar", sagte ihr Fraktionsvize Reiner Priggen der SZ. "Das ist unterstes Stammtisch-Niveau."

Am frühen Freitagabend ruderte Rüttgers, offenbar überrascht von der massiven Kritik, zurück: "Ich wollte niemanden beleidigen, wenn das doch geschehen ist, tut mir das leid", teilte der CDU-Landesvorsitzende mit. Er habe sich "vor die nordrhein-westfälischen Arbeitnehmer gestellt, deren hervorragende Leistungen weltweit anerkannt sind und die durch falsche Entscheidungen von Konzernzentralen ihren Arbeitsplatz verloren haben", so Rüttgers. "Ich werde weiter für die Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen kämpfen."

Der Generalsekretär der NRW-CDU, Hendrik Wüst, hatte zuvor auf SZ-Anfrage erklärt, Rüttgers Worte seien in Zusammenhang mit der Abwanderung von Nokia aus dem Ruhrgebiet zu verstehen. "Was ist schlimm daran, wenn sich Jürgen Rüttgers vor diesem Hintergrund vor die Arbeitnehmer in NRW stellt?" Auch die nordrhein-westfälische Staatskanzlei verteidigte die umstrittene Äußerung. "Es ist Wahlkampf, da ist man engagiert und es wird zugespitzt", sagte Regierungssprecher Hans-Dieter Wichter.

Mehrfach das Gleiche gesagt

Er bestätigte zudem, dass Rüttgers bei seinen Auftritten "vom Tenor her mehrfach das Gleiche gesagt hat, weil er sich über diese Heuschrecken bei den Investoren ärgert". So habe Rüttgers das Beispiel der rumänischen Arbeiter auch bei einer Kundgebung in Bonn benutzt - im Beisein von Kanzlerin Angela Merkel sowie zahlreicher Journalisten. Niemand aber, so Wichter, habe dort an der Passage Anstoß genommen.

Die SPD hatte zudem noch eine zweite Äußerung veröffentlicht, in der Rüttgers kryptisch erklärt: "Wenn es sein muss, dann treffen wir noch irgendwelche Chinesen bei irgendwelchen Sachen im Rathaus. Und wenn die dann nicht endlich in Duisburg investieren wollen, dann werden die auch noch gewürgt, so lange, bis sie Duisburg schön finden." Die Passage sei, erklärte die CDU, "völlig aus dem Zusammenhang gerissen" und "unzulässig verkürzt". Rüttgers habe vielmehr die Ansiedlungspolitik des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland (CDU) gelobt. Der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit sei "absurd", schließlich sage der CDU-Landeschef gleich danach: "Und wenn sie (die Chinesen) dann hier investiert haben, dann sind sie auch Duisburger, weil sie zu uns gehören, weil sie hier für Arbeit gesorgt haben."

Nicht der erste Ausrutscher

Für Rüttgers ist es nicht der erste verbale Ausrutscher. Erstmals hatte er im März 2000 mit der - verkürzt wiedergegebenen - Formulierung "Kinder statt Inder" Aufregung verursacht. Als damaliger Oppositionsführer hatte Rüttgers die Greencard-Regelung mit den Worten angegriffen: "Statt Inder an die Computer, müssen unsere Kinder an die Computer."

Die Bestseller-Autoren Marita Vollborn und Vlad Georgescu forderten CDU-Chefin Merkel auf, Rüttgers wegen seiner ausländerfeindlichen Verbalattacken aus der Partei auszuschließen.

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