Nach dem Rückzug von Roland Koch und Jürgen Rüttgers aus der Politik und Christian Wulffs Wahl zum Bundespräsidenten muss die CDU dieses Jahr drei neue stellvertretende Bundesvorsitzende wählen. Dadurch kommt Bewegung in die Hierarchie innerhalb der Partei. Profitieren könnte davon zum Beispiel David McAllister, der bereits Nachfolger von Christian Wulff als Ministerpräsident in Niedersachsen geworden ist. Auf diesen Posten hatte er lange warten müssen, schließlich war er schon Generalsekretär und ist seit 2008 Vorsitzender der Landes-CDU. 2004 war er sogar schon als Generalsekretär der Bundes-CDU im Gespräch gewesen, hatte jedoch abgelehnt. McAllister betrachtet sich als modernen Konservativen. Das spiegelt sich in seinem Verhältnis zur Kernkraft wider. Das Zeitalter der erneuerbaren Energien sei angebrochen, erklärte McAllister kürzlich, weshalb er sich nur für eine "maßvolle Verlängerung der Laufzeiten" der Kernkraftwerke ausspricht. Bewährt McAllister sich in Niedersachsen, das einige Jahre von der SPD regiert wurde, sind seine Chancen auf eine Fortsetzung der politischen Karriere in Berlin vermutlich nicht schlecht.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat bei vielen Menschen bereits als Familienministerin mit ihrem Engagement für das Elterngeld einen guten Eindruck gemacht - auch wenn ihre Vorstellungen sogar in der eigenen Partei durchaus auf Widerstand gestoßen waren. Jetzt erregt sie als Arbeitsministerin Aufsehen mit ihrem Plan, nicht vermittelbare Langzeitarbeitslose in "Bürgerarbeiter" zu verwandeln, die alte Menschen betreuen oder Laub aufsammeln sollen. Sie hat erfolgreich an einem positiven Image gearbeitet und bei manchen ihrer Parteifreunde gilt sie als vielversprechende Kandidatin für den Posten der stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden. Sie ist bereits gewähltes Mitglied im Präsidium des Bundesvorstands der CDU.
Das Thema Umwelt kommt bei vielen Menschen gut an, deshalb hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen zumindest außerhalb der CDU kein Problem zu punkten. Innerhalb seiner Partei sind seine Vorstellungen zum Beispiel in Bezug auf die Kernkraft allerdings umstritten. Röttgen will die Anlagen höchstens zehn Jahre länger als bislang geplant am Netz lassen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus hat ihm deshalb schon den Rücktritt nahegelegt. Trotzdem gilt Röttgen als Kandidat für einen Posten an der Spitze der Partei - bald oder später. Immerhin gehört er bereits jetzt zu den engsten Vertrauten der Parteichefin.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich schaut auf eine steile Karriere in seinem Landesverband zurück - da kann man sich vorstellen, dass innerhalb der Partei noch mehr möglich ist. Der Ingenieur, der zur sorbischen Minderheit in der Lausitz gehört, gilt als eher zurückhaltend, wurde aber noch in der DDR Mitglied der CDU, und scheut sich nicht davor, unpopuläre Statements abzugeben. Zu seinen Weisheiten gehört zum Beispiel: "Mehr Geld macht nicht automatisch klüger."
Stefan Mappus, Baden-Württembergs Ministerpräsident, geht keinem Konflikt aus dem Weg - egal ob innerhalb oder außerhalb der Partei. Das bekamen kürzlich etwa Umweltminister Norbert Röttgen und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Streit um die Laufzeiten der Kernkraftwerke zu spüren. Schließlich ist Baden-Württemberg besonders stark abhängig von Atomkraft. Mappus inszeniert sich als Wortführer der Konservativen und beklagt in der CDU-Spitze einen Mangel an Führungsstärke. Seine Ambitionen sind deutlich zu erkennen, er will nicht nur die Landtagswahlen in Baden-Württemberg gewinnen, sondern auch mehr Profil als Führungskraft in der Partei.
Als Kanzleramtschef war Bundesinnenminister Thomas de Maizière lange Zeit kaum sichtbar einer der mächtigsten Männer hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Trotzdem wurden 2007 während der sogenannten Dresdner Korruptionsaffäre schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen sächsischen Innenminister laut. Heute ist de Maizière noch mächtiger, und zugleich deutlich sichtbar. Mit Körperscannern am Flughafen hätte er kein Problem, doch statt von "innerer Sicherheit" spricht er lieber vom "inneren Frieden und öffentlicher Sicherheit". Modern für einen Unionspolitiker mutet seine Einstellung zum Internet an, das den Menschen "die Freiheit geben" soll, "Dummheiten zu begehen, wenn sie anderen nicht schaden".
Hermann Gröhe, 49, ist Generalsekretär der CDU - und allein deshalb so etwas wie der Schlosshund von Kanzlerin Merkel. Entfernt man ein "r" aus dem Wort, dann ist er ein Schoßhund und das passt auf den Mann aus Uedem aus dem Kreis Kleve weitaus besser. Der Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordnete mit der lustigen Zahnlücke gehört zu den aufgeklärtesten Politikern seiner Partei, die es ja mit Liberalität oft nicht so hat. Nie hatte der Mitherausgeber des evangelischen Magazins "Chrismon" und engagierte Protestant ideologische Scheuklappen. Auch wenn er - wie jetzt mit der Anti-Kraft-Kampagne 'So linkt Rot-Grün' - manchmal über das Ziel hinausschießt. Er weiß, warum er das tut: In seinem Heimatland NRW wird sich künftig zeigen, ob die SPD auch mit der Linken im Westen zusammenarbeiten kann. Falls ja, dann hat die CDU ihre Machtoption gegenüber einer linken Mehrheit auf lange Zeit verspielt. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Jungen Union und Mitbegründer der "Pizza-Connection" baut deshalb auch auf die Option Schwarz-Grün. Und wenn der Vater von drei Söhnen mal nicht mehr Schlosshund und noch weniger Schoßhund ist, dann ist er jemand, der mit jedem - und alles kann. Auch Kanzler. Irgendwann.
Bekannt ist Andreas Krautscheid, CDU-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, außerhalb seiner Partei noch nicht. Doch bereits sein früherer Chef, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, wusste ihn zu schätzen, wenn es darum ging, mit der Opposition im Landtag zu streiten. Krautscheid gilt als gewandter Redner und hat Erfahrungen als nordrhein-westfälischer Regierungssprecher und Europa- und Medienminister. Mit seinen Fähigkeiten gilt er jetzt, da heftige Bewegung in die Parteihierarchie der CDU gekommen ist, als aussichtsreicher Kandidat für den Aufstieg.
Reiner Haseloff, derzeit noch Minister für Wirtschaft und Arbeit in Sachsen-Anhalt, stellt sich 2011 als CDU-Spitzenkandidat zur Wahl des Ministerpräsidenten. Damit wird sein Bekanntheitsgrad außerhalb der Partei und außerhalb von Sachsen-Anhalt steigen. Der hält sich nämlich bislang in Grenzen, obwohl er bereits seit Jahren als Wolfgang Böhmers Nachfolger gilt. Haseloff war schon seit 1976 Mitglied der CDU in der DDR und ist seit 1994 stellvertretender Landesvorsitzender der CDU. Er gilt als Fachmann für Arbeitsmarktfragen - schließlich war er selbst Direktor eines Arbeitsamts. Haseloff ist bereits gewähltes Mitglied im Bundesvorstand der CDU. Insider gehen davon aus, dass er ein aussichtsreicher Kandidat für einen weiteren parteiinternen Aufstieg ist.