CDU-Generalsekretär Tauber:Der schwarze Peter

Peter Tauber

Peter Tauber, neuer Generalsekretär der CDU.

(Foto: dpa)

"Bin von Beruf Historiker, gläubiger evangelischer Christ, Reserveoffizier": Trotz 12.000 Tweets fragen sich immer noch viele, für welchen Kurs der neue CDU-Generalsekretär Peter Tauber steht. Sicher ist, dass er seine Partei verändern will.

Von Robert Roßmann

Im Büro hat er nicht so viel geändert. Der Schreibtisch wurde etwas versetzt. Die Familienbilder von Hermann Gröhe sind weg, an der Wand hängt jetzt ein Porträt der preußischen Reformer-Königin Luise. Und statt eines Kunstwerks zur Berliner Mauer ziert nun ein Star-Wars-Raumschiff die Fensterseite. Das war's. Ein minimalinvasiver Eingriff. Aber doch eine deutliche Botschaft. Im Büro des CDU-Generalsekretärs soll eine neue Zeit anbrechen. Die grau gewordene Partei will jünger werden. Deshalb sollen die sklerotischen Strukturen modernisiert werden.

Seit einem Monat ist Peter Tauber jetzt designierter Generalsekretär der CDU - und damit Herr über das Büro. Angela Merkel hat ihn als "Signal an die Jüngeren" präsentiert. Das war auch bitter nötig. Fraktionschef Volker Kauder ist 64, die Kanzlerin wird im Juli 60 - und alle CDU-Minister sind über 50. SPD und CSU haben auch deutlich jüngere Ressortchefs aufgeboten. Merkel musste aufpassen, dass ihre Truppe nicht als Partei der Gerontokraten wahrgenommen wird.

Der junge Tauber soll es jetzt richten. Dass er Generalsekretär wird, hat ihn selbst am meisten überrascht. Als ihn Merkel im Dezember ins Kanzleramt bat, erhoffte er sich bestenfalls das Amt eines Internet-Staatssekretärs. Tauber war bis dato lediglich als Netzpolitiker aufgefallen. Doch dann bot ihm die CDU-Chefin beim Kaffee die Nachfolge Gröhes an. Andere hätten ob der großen Aufgabe gezuckt, doch Tauber sagte sofort zu. Seitdem versuchen auch in der CDU viele zu ergründen, was für ein Mensch da jetzt an der Spitze der Parteizentrale steht.

"Hypermodern und erzkonservativ"

"Peter Tauber ist mein Name. 39 Jahre alt. Aus dem schönen Hessenland komme ich. Bin von Beruf Historiker, gläubiger evangelischer Christ, Reserveoffizier. Das in Kurzform zu meiner Vita." So hat sich Tauber bei seiner offiziellen Präsentation durch Merkel vorgestellt - und damit reichlich Platz für Projektionen gelassen. Für die einen ist Tauber jetzt der Soldaten- und Kirchenfreund. Für andere der junge netzaffine Modernisierer mit Dreitagebart zu Glatze und Hornbrille.

"Hypermodern und erzkonservativ" - Tauber selbst hält wenig von solchen Zuschreibungen. "Ich kann mich eher mit dem Bild anfreunden: Er passt in keine Schublade", sagt er. "Es gibt Themen, bei denen ich eine sehr klare Haltung habe, die man als konservativ beschreiben kann, beispielsweise beim Lebensschutz." Auch die Bundeswehr sehe er natürlich positiv, die Grundwehrzeit habe ihm bei der Persönlichkeitsbildung geholfen und seinen Sinn für Sport geweckt. "In anderen Fragen, etwa bei der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, bin ich aber eher bei Jens Spahn." Spahn, das muss man wissen, ist in der CDU einer der Vorkämpfer für die Rechte Homosexueller.

Die Gleichstellung ist nicht das einzige Thema, bei dem Tauber quer zur Parteimeinung liegt. "Bei der Vorratsdatenspeicherung habe ich offene Fragen", sagt er. Und "bei der doppelten Staatsbürgerschaft sehe ich Veränderungsbedarf bei unserer bisherigen Haltung". Für Tauber ist das alles kein Widerspruch. Homosexuelle Lebenspartner würden füreinander einstehen, das sei doch ein konservativer Wert. Außerdem sei es immer Ziel der Union gewesen, dass sich Zuwanderer möglichst gut integrieren können. Wenn das durch ein Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft erschwert und nicht erleichtert werde, müsse man halt darüber reden.

"Wir sind keine Glaubensgemeinschaft, sondern eine Partei"

Wer jetzt allerdings hofft, mit Tauber würde die CDU ihre Positionen zu Vorratsdatenspeicherung, Gleichstellung und Staatsbürgerschaft sofort räumen, hofft vergeblich. "Die CDU ist nicht meine persönliche Spielwiese, der ich meine Meinung aufstülpe", sagt er. "Ich kann als Generalsekretär meine Sicht einbringen und sagen, mir wäre es lieb, wenn das Programm diesen oder jenen Geist atmen würde. Aber ich habe nicht die Erwartung, dass die CDU-Mitglieder darauf warten, was der General sagt, um dann Hurra rufend hinterherzurennen." Ja, er wolle die Union "weiterentwickeln". Dazu sei es aber notwendig, dass man die Partei mitnehme: "Der Generalsekretär kann nicht ex cathedra erklären: Ab jetzt gibt es eine neue Lehrmeinung. Wir sind ja keine Glaubensgemeinschaft, sondern eine Partei."

Jetzt muss Tauber aber erst einmal dafür sorgen, dass die CDU bei der Europawahl im Mai genauso gut abschneidet wie bei der Bundestagswahl. Die Latte, die sein Vorgänger Gröhe gelegt hat, hängt ziemlich hoch. "Never change a running system", findet deshalb auch Tauber. Er will sich erst nach der Wahl an die Reform der Parteistrukturen machen. Reformen bringen immer Unruhe mit sich, die kann man im Wahlkampf nicht brauchen. "Mittelfristig will ich aber neue Möglichkeiten des Mitdiskutierens in der CDU schaffen", sagt er, "wir brauchen neue Schnittstellen im Konrad-Adenauer-Haus, über die sich Mitglieder und andere Interessierte einbringen können." Neues Personal werde er dafür voraussichtlich nicht bekommen, aber dank Internet gäbe es ja auch viele kostengünstige Möglichkeiten: "Die sozialen Netzwerke sind nicht repräsentativ, aber sehr hilfreich, um zu sehen, was die Leute emotional umtreibt."

Dass Tauber dabei vor allem an Twitter, Facebook & Co. denkt, liegt nahe. Er nutzt die Netzwerke schon lange intensiv. "Schwarzer Peter" heißt sein Blog. Dabei verrät er ziemlich viel Persönliches: Er mag Biber, seine Lieblingsfigur in "Star Wars" ist der Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi, er verschickt Bilder von seiner Silvesterfeier am Küchentisch - und leidet mit den Offenbacher Kickers. Anders als sein CSU-Kollege hat er in Deutschland promoviert. "Vom Schützengraben auf den grünen Rasen: der Erste Weltkrieg und die Entwicklung des Sports in Deutschland" ist der Titel der Dissertation.

Über 12.000 Tweets

Mehr als 12.000 Tweets hat Tauber inzwischen abgesetzt. Umso erstaunlicher ist es, dass man über sein Privatleben nichts erfährt - außer, dass er "ledig" ist. "Meine Familie ist ein Schutzraum, der für die Beurteilung meiner politischen Arbeit keine Relevanz hat", sagt Tauber. Deshalb ziehe er da eine strikte Grenze. Der Bruder ist Comiczeichner, die Eltern wohnen in Gelnhausen, er selbst hätte gerne Kinder. Sonst ist kaum etwas in Erfahrung zu bringen. Aber so haben es ja auch schon andere Politiker gehalten - nicht zu ihrem Nachteil.

Am Montag wird sich Tauber jetzt erst einmal mit seiner FDP-Kollegin Nicola Beer treffen. An der "Kartoffelküche", dem neuen Gesprächskreis von CDU-Politikern mit Liberalen, ist er aber noch nicht beteiligt. Zum Pizza-Stammtisch mit den Grünen will er dagegen "bestimmt mal gehen" - das habe er mit Jens Spahn schon besprochen. Tauber stammt zwar aus der konservativen Hessen-CDU, zu den Grünen hat er aber schon lange gute Kontakte - mit Tarek Al-Wazir duzt er sich sogar. Auch das galt bis vor ein paar Wochen noch als Widerspruch.

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