Generalsekretär:CDU-Lichtgestalt im Schatten

Reaktionen auf Landtagswahlen - CDU

Peter Tauber sagt, er passe in keine Schublade. Dabei will er in fast alle passen, um möglichst vielen Mitgliedern zu gefallen.

(Foto: dpa)

Peter Tauber wurde mit großen Erwartungen zum CDU-Generalsekretär gewählt. Inzwischen vermissen viele Mitglieder den richtigen Ton bei ihm.

Porträt von Robert Roßmann, Berlin

Es war kein einfacher Auftritt, den Peter Tauber an diesem Abend absolvieren musste. Aber dafür sind Generalsekretäre ja da. Sie müssen auch raus, wenn es brennt. Und an diesem Abend brannte es lichterloh. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hatten gerade gewählt. Und die CDU hatte überall verloren, im Südwesten sogar mehr als zehn Prozentpunkte. Dafür triumphierte die AfD. Es war eine politische Katastrophe für die Union. An dem Ergebnis gab es nichts schönzureden. Aber Tauber sprach in der Berliner Runde der Generalsekretäre von einem Abend "mit Licht und Schatten" für seine CDU - es gebe keinen Grund für irgendeine Kurskorrektur. Es war der Moment, in dem viele CDU-Mitglieder endgültig den Glauben an ihren Generalsekretär verloren. Denn "Licht" hatte keiner in den Wahlergebnissen entdeckt. Zu lang waren die schwarzen Balken nach unten in den Wahlgrafiken.

In der Politik ändern sich Machtverhältnisse nicht immer auf einen Schlag. Manchmal erodiert die Beliebtheit von Protagonisten auch lange unbemerkt. Doch irgendwann fällt es auf. Im Fall Tauber wurde dieser Punkt am Wahlabend vor knapp zwei Wochen erreicht. Die Bild-Zeitung verspottet den Generalsekretär bereits in großen Lettern als "Generalausfall" der CDU. Dabei galt Tauber noch vor zwei Jahren als einer der Hoffnungsträger der Partei. Wie konnte es so weit kommen?

Ein Tonfall, der gut ankam

Selten ist ein Generalsekretär mit einem besseren Ergebnis ins Amt gekommen als Tauber. Im April 2014 stimmten 97 Prozent der Delegierten für ihn. Dabei hatte Tauber damals noch keine besonderen Meriten vorzuweisen. Im Bundestag war er ein Hinterbänkler, der bestenfalls als Netzpolitiker Beachtung fand. An den Koalitionsverhandlungen Ende 2013 durfte er lediglich als einfaches Mitglied einer "Unterarbeitsgruppe" teilnehmen. Umso überraschter war Tauber, als Merkel ihn kurz darauf ins Kanzleramt bat, um ihm den Posten des Generalsekretärs anzutragen. Tauber hatte bestenfalls damit gerechnet, eine Art Internet-Staatssekretär zu werden.

Aber manchmal hat man in der Politik auch Glück. Merkel wollte ein Signal für die Jungen in der überalterten CDU. Von Tauber versprach sie sich außerdem eine Modernisierung der immer noch ziemlich analogen Partei. Und dann war Tauber ja auch noch Hesse. Der Landesverband musste nach dem Ausscheiden von Familienministerin Kristina Schröder aus dem Kabinett berücksichtigt werden.

Es war der Beginn eines erstaunlichen Aufstiegs - auch weil Tauber wusste, wie man die Partei streichelt. "Die CDU ist nicht meine persönliche Spielwiese, der ich meine Meinung aufstülpe", beteuerte Tauber damals demütig. Ein Generalsekretär dürfe "nicht ex cathedra erklären: Ab jetzt gibt es eine neue Lehrmeinung - wir sind ja keine Glaubensgemeinschaft, sondern eine Partei". Es war ein Tonfall, der in der Partei genauso gut ankam wie Taubers Selbstdarstellung.

Tauber kokettiert gerne damit, in keine Schublade zu passen - will aber doch in fast alle passen, damit möglichst viele in der Partei mit ihm zufrieden sind. Selten wurde dieses Prinzip so deutlich wie in den Schlussworten seiner Bewerbungsrede auf dem Parteitag 2014. Tauber sagte, ein "Frankfurter Bub", Johann Wolfgang von Goethe, habe einmal den schönen Satz gesagt: "Es ist nicht genug, zu wissen - man muss auch anwenden, es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun." Der Jedi-Meister Yoda habe das, "gerichtet an den jungen Luke Skywalker", in die Worte gekleidet: "Tu es oder tu es nicht, es gibt kein Versuchen." Dann rief Tauber in den Saal: "Ich bin der Meinung, lassen Sie uns gemeinsam tun, wir können das, wir sind die CDU. Für unser deutsches Vaterland, und für Europa, unsere Zukunft, Hurra!"

In diesen Sätzen steckte alles: Tauber streichelte mit Yoda die Jüngeren, und mit Goethe die Altvorderen. Er gab den Bildungsbürger, ohne es zu übertreiben. Er lobte die Partei. Und er sprach vom deutschen Vaterland, brach das Pathos aber gleich wieder mit seinem "Hurra". Die CDU war begeistert. Aber die Euphorie ist inzwischen verflogen.

Rüder Ton auf Facebook

Wer dieser Tage mit Vorstandsmitgliedern oder Abgeordneten spricht, hört erstaunlich oft Klagen über den Generalsekretär. Tauber lasse es inzwischen am nötigen Ton vermissen, heißt es oft. Von seiner angekündigten Demut sei kaum noch etwas zu spüren. Die Kritiker verweisen etwa darauf, dass der Generalsekretär die Abweichler bei den Griechenland-Abstimmungen öffentlich an den Pranger gestellt habe. Tauber hatte in seinem Blog geschrieben, manche Abgeordnete würden aus ihrem Nein "ein Geschäftsmodell" machen und sich auf Kosten anderer profilieren. Derlei Zurechtweisungen frei gewählter Abgeordneter aus einer Parteizentrale seien unbotmäßig, heißt es. Wenn überhaupt, dann seien sie Aufgabe der Fraktionsführung.

Auch Taubers Umgang mit Kritikern in den sozialen Netzwerken stößt auf Kritik. Auf Facebook antwortete der Generalsekretär einem User einfach mit der Bemerkung: "Sie sind ein Arschloch." Der Mann hatte Tauber allerdings auch die widerliche Frage gestellt, ob er wisse, "wie lange die Kanzlerin schon unter Geisteskrankheit leidet". Taubers Reaktion darauf halten die meisten in der CDU trotzdem für einen Verstoß gegen bürgerliche Umgangsformen.

Andere verweisen mit erstaunlicher Häme darauf, dass Tauber auf dem Parteitag Ende vergangenen Jahres bereits eine empfindliche Niederlage einstecken musste. Die Basis ließ damals wichtige Teile seiner Parteireform durchfallen. Auch Taubers eher durchwachsene Wahlergebnisse in der Heimat werden in der CDU gerne kolportiert. Der Generalsekretär sitzt auch im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises. Bei der hessischen Kommunalwahl Anfang März führte er zusammen mit seiner Bundestagskollegin Katja Leikert die örtliche CDU-Liste an. Trotz Taubers Prominenz verlor die CDU in dem Kreis noch deutlicher als im hessischen Landesschnitt. Dafür war die AfD überdurchschnittlich erfolgreich.

Bei aller Kritik, einiges hat er in der CDU erreicht. Migranten können sich willkommen fühlen

Hinter den Klagen und der Häme schimmern aber auch immer zwei grundsätzliche Konflikte durch. Viele Gegner der Flüchtlingspolitik kritisieren den Generalsekretär, weil sie sich nicht an die Kanzlerin trauen. Insofern hatte Tauber am Wahlabend auch eine undankbare Aufgabe, denn er musste genau diese Flüchtlingspolitik verteidigen. Vor allem aber wird Tauber vorgeworfen, die Positionen der CDU nicht deutlich genug zu vertreten. In Zeiten der großen Koalition würden die Differenzen leicht verschwimmen, heißt es. Umso wichtiger sei es, dass der Generalsekretär "CDU pur" vertrete. Die Kanzlerin könne das wegen ihrer Rolle in einer gemeinsamen Regierung mit der SPD ja nicht. Vor allem der Wirtschaftsflügel, die Innenpolitiker und die Junge Union hätten gerne einen Generalsekretär, der deutlichere Ansagen macht. Aber so einfach ist das nicht in einer Partei, die keine klaren Positionen mehr vertritt - vielleicht auch, weil es die einfachen Lösungen gar nicht mehr gibt.

In einem ist Tauber allerdings ganz klar: Er will die CDU jünger, weiblicher und bunter machen, das hat die Partei auch bitter nötig. Und er will die oft sklerotischen Parteistrukturen den neuen Bedürfnissen anpassen. Manches hat er bereits erreicht. Mitglieder haben jetzt ein direktes Antragsrecht auf Parteitagen, die Digitalisierung ist im Konrad-Adenauer-Haus kein Fremdwort mehr - und Migranten können sich in der CDU inzwischen willkommen fühlen. Auch am Votum des letzten Parteitages für ein Einwanderungsgesetz hat Tauber großen Anteil.

In jedem Fall kann der 41-Jährige froh sein, dass auf dem Parteitag im Dezember zwar die CDU-Spitze neu gewählt wird, er sich aber keiner Abstimmung stellen muss. Delegierte strafen Generalsekretäre gerne anstelle ihrer Chefs ab, der Unmut über Merkel hätte also auch Tauber treffen können. Aber der ist bereits bis 2018 gewählt.

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