Süddeutsche Zeitung

Versammlung der Frauen-Union:CDU-Frauen verlangen die Hälfte der Macht

  • Annegret Kramp-Karrenbauer ist bei einer Veranstaltung der Frauen-Union in Leipzig auf die Forderung der Frauen in der Partei eingegangen.
  • Die CDU-Parteichefin dürfte aber wissen, dass es in der Partei große Widerstände gegen einige der Forderungen, etwa paritätisch besetzte Wahllisten und eine gleiche Verteilung der Ämter.

Von Benjamin Emonts, Leipzig

Als Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) die große Bühne des Leipziger Congress-Centers betritt, dröhnt aus den Boxen Gloria Gaynors Hit "I Am What I Am" - "Ich bin, was ich bin." Kramp-Karrenbauer jedenfalls ist eine "Vorkämpferin für Frauenrechte", wie ihr kurz vor ihrem Auftritt bescheinigt wird. 400 Delegierte der Frauen-Union sind gekommen und erwarten von der Parteivorsitzenden und Verteidigungsministerin, dass sie sich für die Rechte der Frauen stark macht. Sie fordern, dass Frauen in der CDU in Ämtern und in den Parlamenten künftig genauso stark vertreten sind wie Männer.

Kramp-Karrenbauer findet das "gut". "Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft, und was wir fordern, ist das, was uns zusteht", sagt sie. Indirekt plädiert sie somit für eine gleiche Verteilung von politischen Ämtern auf Frauen und Männer und bekommt dafür lauten Applaus. Auf dem nächsten Bundesparteitag der Christdemokraten will die Frauen-Union einen Antrag einbringen, der eine paritätische Verteilung fordert. "Unser Anspruch ist, dass Listen der CDU verbindlich zur Hälfte mit Frauen besetzt werden", heißt es darin. Das Statut der Partei sei dahingehend zu ändern. Eine Kommission solle bis spätestens Ende 2020 gesetzliche Änderungen entwickeln, um die politische Partizipation von Frauen zu fördern.

Kramp-Karrenbauer, die seit 20 Jahren im Bundesvorstand der Frauen-Union sitzt, weiß allerdings auch, dass es in der Partei große Widerstände gegen eine Fifty-fifty-Verteilung gibt. Die Formulierungen "paritätisch" oder "Reißverschlussverfahren", wie es die Bundesvorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz fordert, vermeidet Kramp-Karrenbauer in ihrer Rede ganz. Den Antrag bezeichnet die CDU-Chefin zwar als gut, sagt aber auch, dass er provoziere und "zu Diskussionen" einlade.

"Es ist ein dickes Brett, dass da auf den Tisch gelegt wird. Und an diesem Brett werden wir ganz schön bohren müssen." Es sind Sätze, die nicht nach letzter Entschlossenheit klingen. Noch immer sind Politikerinnen in Ämtern und Parlamenten deutlich unterrepräsentiert. Die Union weist im Bundestag mit knapp 21 Prozent die niedrigste Frauenquote aller Parteien hinter der AfD (elf Prozent) auf. Im Bundestag ist die Frauenquote nach der Wahl 2017 von 37 Prozent auf 31 Prozent gesunken.

Und dann zitiert sie Rita Süssmuth

Widmann-Mauz kritisierte vor der Delegiertenversammlung das Frauenquorum von einem Drittel, das die CDU seit 1996 hat. Es werde oft nur als "unverbindliche Obergrenze" betrachtet und sei "nicht mehr zeitgemäß". "Das Ziel ist halbe-halbe." Konkret forderte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung "ein Reißverschlussverfahren, nach dem die Listen verbindlich zur Hälfte mit Frauen besetzt werden - und zwar gleichermaßen auf vorderen, mittleren und hinteren Plätzen". Widmann-Mauz selbst wurde mit 93 Prozent der Stimmen in ihrem Amt als Bundesvorsitzende bestätigt.

Kramp-Karrenbauer zitiert dann noch die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, die wenige Meter entfernt sitzt: "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen." Lauter Applaus brandet auf. Sie betont, dass ohne das Wahlverhalten der Frauen in Sachsen und Brandenburg die AfD nun an der Macht wäre. "Mehr Frauen in unserer Partei, mehr Frauen in den Parlamenten, damit mehr Frauen Politik machen. Denn diese Handschrift tut der Politik gut", sagt sie.

Nach ihrer Rede erheben sich die 400 Delegierten, zum Teil wird gejubelt. Aber bedeutet das auch, dass die Frauen-Union Kramp-Karrenbauer gerne als künftige Kanzlerin sähe? Wenn man sich umhört, lässt sich das nicht eindeutig beantworten. Die Vize-Landesvorsitzende der Frauen-Union Niedersachsen, Ingrid Thole, sagt: "Ich wünsche mir sie als Kanzlerin, die kann das." Wirklich klar bekennen wollen sich aber die wenigsten Frauen zu Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Angela Merkel. Sie genießt großen Respekt, das schon. Aber es fallen auch Sätze wie: "Die muss sich erst noch beweisen." Oder: "Das hat noch Zeit, bis wir die Kanzlerfrage diskutieren."

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SZ vom 16.09.2019
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