CDU:Ein Hoch für die Union

Wahlkampf CDU Schleswig-Holstein

Partystimmung bei der Union: Nach der Wahl ist in Schleswig-Holstein vom Günther-Effekt die Rede (CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther im Bild mit Kanzlerin Angela Merkel).

(Foto: dpa)
  • Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein hat die CDU deutlich gewonnen.
  • Das Ergebnis im Norden stärkt die Christdemokraten bundesweit, man spricht vom Günther-Effekt und vom Merkel-Effekt statt vom Schulz-Zug.
  • Bei der SPD wird es wohl trotz der sinkenden Werte keine Personalwechsel geben.

Von Nico Fried

Es gab durchaus bedeutende Menschen in der CDU, die fassten sich Anfang der vergangenen Woche an den Kopf. Alles war bereitet für die letzten Tage des Wahlkampfs in Schleswig-Holstein: Die Umfragewerte der CDU stiegen in überraschende Höhen, und die christdemokratische Prominenz wollte mit der Warnung vor einer rot-rot-grünen Regierung in Kiel noch die letzten Sympathisanten mobilisieren.

Dann aber, so berichtete es jüngst ein irritierter Bundespolitiker, sei er plötzlich nur noch nach Leitkultur und Bundeswehr gefragt worden, nach Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen. Das hätte die wahlkämpfende CDU aus seiner Sicht nicht gebraucht.

Am frühen Sonntagabend, als die ersten Zahlen aus Schleswig-Holstein kamen, sah es so aus, als habe die Nord-CDU die Hilfe aus Berlin nicht mehr gebraucht: Ein deutlicher Sieg für die Christdemokraten zeichnete sich ab.

"Das ist Rückenwind für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und die Bundestagswahl im September", sagte Generalsekretär Peter Tauber. Die Lehre aus dem Wahlergebnis laute, dass die CDU erfolgreich sei, wenn sie geschlossen auftrete und ihre Kräfte konzentriere, fügte Tauber noch hinzu auf die Frage, ob CDU-Chefin Angela Merkel nun auch innerparteilich gestärkt werde.

Die Aussagekraft des Ergebnisses für andere Wahlkämpfe sei gering

Eine mittlere Katastrophe hingegen erlebte die SPD, die sich nur Wochen nach der Euphorie um die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz auf dem Boden äußerst unerfreulicher Tatsachen wiederfindet: Von drei Landtagswahlen hat sie zwei verloren. Und zwar deutlich.

Die gute Stimmung ist erst mal dahin. "Das ist etwas, was unter die Haut geht und was uns traurig macht", sagte ein sichtlich deprimierter und hörbar angefasster Martin Schulz. "Wir hatten alle mit einem besseren Ergebnis gerechnet."

Die Aufgabe von Generalsekretärin Katarina Barley war es, die Niederlage so weit wie möglich von Schulz wegzuhalten: In Schleswig-Holstein hätten zuletzt die Äußerungen von Ministerpräsiden Torsten Albig über sein Privatleben im Mittelpunkt gestanden und weniger die politischen Inhalte, sagte Barley. Die Aussagekraft der Wahlen in Schleswig-Holstein für andere Wahlkämpfe sei deshalb "denkbar gering".

Albig verantwortet die Niederlage, doch Verlierer ist auch Schulz

Bis zur wichtigsten aller Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen bleibt der SPD nun nur noch eine Woche, um den Dämpfer vergessen zu machen.

Doch so wenig man in den ersten Wochen nach der Nominierung von Martin Schulz richtig verstanden hat, woran in der Bevölkerung die explosionsartige Begeisterung für den in Deutschland relativ unbekannten Europapolitiker gelegen haben könnte, so wenig ist nun zu verstehen, warum dieser Hype so implosionsartig in sich zusammenbricht.

Und auch wenn Torsten Albig einen gelinde gesagt suboptimalen Wahlkampf geführt hat und die Niederlage vor allem auf seine Kappe geht, hat der im Nord-Wahlkampf stark engagierte Schulz doch ohne Zweifel mit verloren.

Die CDU steht auch nach diesem Wahlsonntag bedeutend besser da als noch vor wenigen Wochen. Die drei Landtagswahlen im Frühjahr 2017 waren als schwere Prüfungen für die Christdemokraten und für ihre Parteivorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, beunkt worden.

Alles vergessen? Flüchtlingskrise, Dauerstreit, Merkel-Müdigkeit?

Drei Schlappen erschienen durchaus möglich, und vereinzelte Unionisten wollten nicht einmal ausschließen, dass dann auch Merkels erneute Kanzlerkandidatur noch einmal in die Diskussion geraten würde. Und jetzt? Alles vergessen? Flüchtlingskrise, Dauerstreit, Merkel-Müdigkeit?

Mittlerweile hat sich das Blatt erstaunlich weit gedreht: Im Saarland triumphierte die CDU-Ministerpräsidentin Annegret-Kramp-Karrenbauer. In Schleswig-Holstein übertraf Spitzenkandidat Daniel Günther alle Erwartungen und hat gute Chancen, Ministerpräsident zu werden - ein freundlicher junger Mann, dessen Vor- und Nachnamen man vor ein paar Monaten hätte vertauschen können, ohne dass selbst in Schleswig-Holstein viele Leute den Fehler bemerkt hätten.

Und auch in Nordrhein-Westfalen, wo die CDU vor allem das Wahlziel hatte, nicht zu hoch zu verlieren, erscheint das Rennen für Herausforderer Armin Laschet gegen die amtierende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft jetzt in einem positiveren Licht.

Neue Personalrochaden wird es bei der SPD kaum geben

Hinzu kommt ein erstaunlicher Bundestrend. In allen Umfragen liegt die Union mittlerweile wieder einige Punkte vor der SPD. Auch im direkten Vergleich der Kanzlerkandidaten ist Merkel ihrem sozialdemokratischen Herausforderer Schulz enteilt.

Der muss eher die Sorge haben, dass die Deutschen seinen Vorgänger im SPD-Vorsitz und überaus regen neuen Außenminister Sigmar Gabriel plötzlich dauerhaft lieber haben könnten als ihn. Die Gefahr, dass die Sozialdemokraten deshalb nochmals ins Grübeln über erneute Personalrochaden kommen, ist gleichwohl gering.

Schon gar nicht in der Woche bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen. Dort, sagte Generalsekretärin Barley am Sonntag, würden die "Karten noch mal neu gemischt". Ein Sieg in der "Herzkammer der Sozialdemokratie" (Barley), im Heimatbundesland von Martin Schulz und mit der angeblich so populären Landesmutter Hannelore Kraft, könnte alles wieder verändern.

Und wenn es doch schiefgeht?

Mit derselben Hingabe, mit der sie Martin Schulz nach dessen Nominierung feierte, dürfte die SPD dann diskutieren, woran es liegt, dass die positive Stimmung so jäh verloren gegangen ist; dass ein, womöglich zwei Ministerpräsidenten ihren Amtsbonus nicht nutzen konnten; dass die SPD in den bundesweiten Umfragen sich wieder deutlich unter der 30-Prozent-Marke zu etablieren droht.

Kurz: dass es mit Schulz nur noch wenige Prozentpunkte besser steht als vorher mit Gabriel.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: