CDU:Die Neue

Annegret Kramp-Karrenbauer will die "letzte große Volkspartei" in die Zukunft führen. Die Nachfolgerin von Angela Merkel an der CDU-Spitze appelliert an die Einheit der Union.

Von Jens Schneider

Christian Democratic Union party congress in Hamburg

Applaus von der Vorgängerin: Annegret Kramp-Karrenbauer freut sich nach ihrer Wahl, Kanzlerin Angela Merkel wirkt zufrieden.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Annegret Kramp-Karrenbauer hat nach ihrem äußerst knappen Wahlsieg auf dem CDU-Parteitag in Hamburg eine neue Geschlossenheit der Partei eingefordert. Es gehe jetzt darum, mit allen Flügeln und mit allen Mitgliedern die CDU als Volkspartei zu erhalten und zu formen, sagte die neue Vorsitzende am Freitagabend in Hamburg. Die 56 Jahre alte Saarländerin tritt nach einem äußerst spannenden parteiinternen Wettbewerb die Nachfolge von Angela Merkel an, die den Vorsitz der CDU nach 18 Jahren aufgab. Kramp-Karrenbauer setzte sich erst in der Stichwahl durch, von 999 Stimmen erhielt sie 517, ihr Mitbewerber Friedrich Merz bekam 482 Stimmen, also nur 35 weniger. Erstmals in der Geschichte der CDU hat es einen solchen, bis zuletzt offenen Wettbewerb um die Parteispitze gegeben. Als dritter Bewerber kam Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im ersten Wahlgang auf 15,7 Prozent der Stimmen.

In temperamentvollen Reden hatten die drei Kandidaten um die Delegierten geworben. Kramp-Karrenbauer und Merz wurden dabei von ihren Unterstützern nach ihren Auftritten mit stehenden Ovationen gefeiert. Im ersten Wahlgang lag Kramp-Karrenbauer noch deutlicher vor Merz, der dann in der Stichwahl offenbar viele Anhänger von Spahn auf seine Seite zog.

Kramp-Karrenbauer gilt als Wunschkandidatin der Kanzlerin, auch wenn Merkel sich einer Wahlempfehlung enthalten hatte. Mit der Wahl der Merkel-Vertrauten entschied sich die CDU für die von der Kanzlerin gewünschte Kontinuität. Zwar hatte auch Merz der Kanzlerin seine Loyalität versichert, dennoch war für den Fall seines Erfolgs mit Spannungen zwischen ihm und Merkel gerechnet worden.

Mit diesem Ergebnis kann die Kanzlerin nun die große Koalition in Berlin wie von ihr gewünscht fortsetzen. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles bot der neuen CDU-Chefin eine gute Zusammenarbeit an. "Sie tritt in große Fußstapfen", erklärte Nahles. "Ich wünsche ihr dabei viel Erfolg." Jetzt gehe es darum, Probleme zu lösen, betonte Nahles. Kramp-Karrenbauer sagte nach der Wahl, es habe in den vergangenen Wochen einen Wettbewerb in der CDU gegeben, um den sie andere Parteien beneideten. Sie wolle nun im Geiste der Fairness weiter machen. Die beiden unterlegenen Bewerber sicherten Kramp-Karrenbauer ihre Unterstützung zu. Merz kündigte aber zunächst keine Kandidatur für das Präsidium an. Er werde die Partei in den kommenden Jahren dennoch weiter unterstützen. Er forderte die Delegierten auf, den ebenfalls unterlegenen Jens Spahn erneut ins CDU-Präsidium zu wählen. Den meisten Beifall erhielt Kramp-Karrenbauer, als sie in ihrer Bewerbungsrede Prognosen von Beobachtern widersprach, die der CDU für die Zeit nach Merkel eine Spaltung zwischen verschiedenen Flügeln vorhersagen. Sie betonte die Einheit der CDU: Es gebe für sie nicht eine konservative und eine liberale und eine wirtschaftsfreundliche CDU, sondern nur "die eine Union". Ihr Ziel sei, dass die CDU als Volkspartei der Mitte erfolgreich bleibe: "Wir sind so etwas wie das letzte Einhorn in Europa - die letzte große existierende Volkspartei", sagte sie mit Blick auf den Niedergang der christdemokratischen Parteien in anderen Ländern Europas. Sie forderte mehr Mut zu klaren Positionen. Die CDU dürfe sich dabei aber nicht von den Parteien der politischen Ränder treiben lassen. "Wir sind kein politischer Gemischtwarenladen", warnte sie. "Wenn wir Mut haben, dann lösen wir die Bremsen für die im Land, die etwas tun wollen." Zuvor hatte die CDU Merkel nach gut 18 Jahren als Parteichefin verabschiedet. Die Kanzlerin appellierte in ihrer emotionalen Rede an die Einheit der Partei: "Wohin uns nicht enden wollender Streit führt, das haben CDU und CSU in den letzten Jahren bitter erfahren." Über ihre künftige Position sagte sie: "Für meine Verbundenheit mit der Partei brauche ich keinen Parteivorsitz - und Bundeskanzlerin bin ich ja auch noch." Bei der Wahl der fünf Stellvertreter der neuen Vorsitzenden erhielt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 57,5 Prozent der Stimmen und wurde damit nur knapp gewählt. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier erzielte mit 90,0 Prozent die meiste Zustimmung. Gewählt wurden auch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (86,0) und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (75,6) sowie Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (59,3).

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