Süddeutsche Zeitung

CDU: Der Neue nach Beust:Christoph Ahlhaus - Kronprinz aus der Kulisse

Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus ist der Mann nach Bürgermeister Ole von Beust. Der 40-Jährige gehört zum konservativen Flügel der CDU - und zeichnet sich durch Diskretion aus.

Am Morgen schon, um elf Uhr, redeten sie. Über die verfahrene Lage in Hamburg, über die Gefahren für ihre CDU, über den Rücktritt des Bürgermeisters und den Kronzprinz, der es jetzt richten soll.

Innensenator Christoph Ahlhaus brachte sich ein als einer, auf den es künftig ankommt. Noch-Bürgermeister Ole von Beust redete noch einmal über seine Gründe für den schnellen Abschied, der CDU-Landesvorsitzende Frank Schira brachte seine Ratschläge ein.

Klar wurde: Der bisherige Frontmann Beust, der sich in seiner schwarz-grünen Koalition immer weiter links von der Mitte positionierte, war gescheitert. Noch vor dem offiziellen Bekanntgeben des Volksentscheids zur geplanten Schulreform sollte sein Rückzug publik werden. Mit so viel Widerstand in den gutbürgerlichen Schichten - einer CDU-Stammklientel - hatte der durch und durch liberale Beust nicht gerechnet.

Christoph Ahlhaus, 40, ist da aus anderem Holz. Der bullige Politiker mit den Grau-Schläfen, in Heidelberg geboren, gehört zum konservativen Flügel der CDU, ein Karrierist der Hinterzimmer, der bisher nie öffentlich einen Anspruch auf das höchste Regierungsamt in der zweitgrößten Stadt Deutschlands erhoben hat.

Der gelernte Bankkaufmann mit juristischem Staatsexamen tauchte ab, selbst als sich die Gerüchte über eine Amtsmüdigkeit des Bürgermeisters häuften. Gemäß der Devise: "Gennannt, verbrannt" wollte er in der Nachfolgediskussion nicht zu früh eine Rolle spielen. Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU), der seine Bereitschaft zu Beusts Nachfolge per Zeitungsinterview kundtat, zog sich umgehend den Zorn der Partei zu.

Da ist der kundige Rechtsgelehrte Ahlhaus, der in Speyer ein Ergänzungsstudium zur Praxis der öffentlichen Verwaltung hinlegte, schon geschickter. Schon seit 25 Jahren ist er bei den Christdemokraten, erst vor gut zwei Jahren aber rückte er zum Senator auf. Im November 2001 wurde er Landesgeschäftsführer. Er löste Wulf Brocke ab, der bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im September 2001 auch die auf Ole von Beust zugeschnittene CDU-Kampagne verantwortet hatte. Damals löste die CDU zusammen mit der Schill-Partei und der FDP den rot-grünen Senat ab.

Als Hardliner wahrgenommen

Vor seinem Aufsteig in die Senatorklasse hatte Ahlhaus zwei Jahre lang unter dem in der Hansestadt sehr beliebten Innensenator Udo Nagel (parteilos) in der Behörde gedient. Bei der Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene musste Nagel dann für Ahlhaus weichen. An die Beliebtheitswerte seines Vorgängers kommt der 40-Jährige in Umfragen jedoch noch immer nicht heran.

Ahlhaus, Chef des einflussreichen CDU-Kreisverbands Nord, war in seinen Jahren als innenpolitischer Sprecher der CDU- Bürgerschaftsfraktion (2004 bis 2006) und auch noch als Staatsrat häufig als Hardliner wahrgenommen worden. Er selbst nennt sich einen "Wertkonservativen". Als Senator forderte er drakonische Strafen bei Angriffen auf Polizeibeamte - und machte sich für ein Alkoholverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln stark. Gelegentlich streute der verheiratete Politiker diplomatischere Äußerungen ein - auch als Vorsitzender der Innenministerkonferenz. So entwickelte sich der Senator in kurzer Zeit zu einer wichtigen politischen Figur in der Hansestadt.

Das Motto des Innenpolitikers: "Eine wachsende Stadt muss auch eine sichere Stadt sein." Sicherer wurde sein Privathaus, in das beispielsweise schusssichere Fenster eingebaut wurden. Dass dabei der Stadt Hamburg Kosten von rund einer Million Euro entstanden, stört die SPD-Opposition. Das sei ein "negatives Beispiel Hamburger Politik".

Zum 25. August wird Ole von Beust seinen Rücktritt erklären. Dann verlieren auch alle Senatoren ihre Ämter - und der Weg ist für Ahlhaus frei. Rivale Schira, Chef des mächtigen Kreisverbands Wandsbek, ist intern schon mit dem Fraktions- und Landesvorsitz abgefunden.

Jetzt kann nur zum Problem werden, dass die Fussstapfen des seit neun Jahren regierenden Ole von Beust doch ein wenig zu groß sind. Und dass der Hamburger SPD-Chef Olaf Scholz mit seinem Ruf nach Neuwahlen durchdringt. Den Rücktritt des Bürgermeisters sieht er als "Zäsur": Danach könne der schwarz-grüne Senat nicht einfach weitermachen, als wäre nichts los. Die Hamburger Bürger würden es nicht gerne sehen, so Scholz, "wenn jetzt einfach ein neuer Bürgermeister eingesetzt würde, ohne sie zu fragen".

In einem Wahl-Fight gegen den populären Scholz hätte es wohl auch Ahlhaus, der Neue, sehr schwer.

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