Süddeutsche Zeitung

CDU/CSU-Wahlprogramm:Union streitet über Steuersenkungen

CDU-Chefin Merkel will nach der Bundestagswahl Steuersenkungen durchsetzen - und sieht sich dabei auf einer Linie mit CSU-Chef Seehofer. Widerstand kommt aus ihrer eigenen Partei.

Die Union hält nach Angaben der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel an ihrem Plan fest, nach der Bundestagswahl Einkommenssteuersenkungen durchzusetzen.

"Wir müssen die Leistungsträger der Gesellschaft entlasten", sagte sie den Ruhr Nachrichten. Sie würden derzeit zu stark durch die sogenannte kalte Progression belastet. "Das ist ungerecht, und das werden wir ändern", sagte sie. "Im Jahr 2010 wird der seit langem größte Schritt zur Entlastung der Bürger getan werden", kündigte sie an.

Nach Angaben von Merkel will die Union in ihrem Wahlprogramm einen "Dreiklang von Schuldentilgung, Investitionen in Innovation und steuerlicher Entlastung" beschließen. Wenn die staatlichen Einnahmen nach der Wirtschaftskrise wieder stiegen, werde ein Teil für die Abzahlung der Schulden benötigt, ein Teil für zusätzliche Ausgaben in Bildung und Forschung.

Dann werde es auch zu Entlastungen von der kalten Progression kommen. Kalte Progression bezeichnet die schleichende Steuererhöhung etwa bei steigendem Lohn. Im Gegensatz zur SPD seien CDU und CSU gegen Steuererhöhungen, bekräftigte Merkel. "Wir lehnen die Reichensteuer der SPD ab."

Mehrere Ministerpräsidenten der CDU lehnen das Vorhaben ihrer Parteiführung jedoch ab, den Bürgern im Programm für die Bundestagswahl Steuernachlässe zu versprechen. "Ich kann nicht erkennen, wie angesichts der milliardenschweren Konjunkturprogramme auch noch Steuersenkungen zu bezahlen sind", sagte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich dem Spiegel.

Finanzministerium rechnet mit Steuerausfällen

Ähnlich äußerte sich Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer: "Wir sollten auf keinen Fall Versprechen machen, die wir nicht halten können", sagte der CDU-Mann. "Steuersenkungen sind nur dann möglich, wenn wir in Bund und Ländern wieder ausgeglichene Haushalte haben. Im Moment ist das nicht absehbar."

CSU-Chef Horst Seehofer erwartet jedoch, dass die CDU sich für das gemeinsame Wahlprogramm der Union auf ein Konzept mit Steuererleichterungen einlässt. "Darüber sind wir gerade mit der CDU im Gespräch, und es gibt keine grundlegenden Differenzen", sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Er erwarte, dass die Dinge nicht nur fiskalisch betrachtet würden, sondern es brauche eine ordnungspolitisch saubere Steuerreform. "Ein Steuersystem mit dieser so genannten kalten Progression und heimlichen Steuererhöhungen kann kein Zukunftsmodell für Deutschland sein", sagte der bayerische Ministerpräsident weiter. Die Unionsparteien wollen am 29. Juni ihr gemeinsames Wahlprogramm für die Bundestagswahl am 27. September verabschieden.

Das Bundesfinanzministerium rechnet unterdessen nach Spiegel-Informationen bis 2013 mit Steuerausfällen bei Bund, Ländern und Gemeinden in Höhe von mehr als 300 Milliarden Euro. Grund sei die Wirtschaftskrise.

Demnach muss der Fiskus in diesem Jahr auf knapp 25 Milliarden Euro verzichten, etwa die Hälfte davon fällt beim Bund an. Das Magazin bezieht sich auf eine interne Analyse von Experten des Ministeriums. Die offizielle Steuerschätzung gibt es Mitte Mai.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will dem Spiegel zufolge bis Anfang Juni einen Nachtragshaushalt mit einem Volumen von bis zu 15 Milliarden Euro vorlegen. Die Nettokreditaufnahme des Bundes summiere sich damit 2009 auf etwa 50 Milliarden Euro, für das nächste Jahr halte Steinbrück ine Neuverschuldung von bis zu 80 Milliarden Euro für nötig.

Darin seien noch nicht die Belastungen aus einem Teil des zweiten Konjunkturprogrammes und dem Bankenrettungspaket berücksichtigt, die in zwei Schattenhaushalten aufgefangen werden.

Nach Angaben des Magazins ist der Bund zudem im nächsten Jahr gezwungen, der Bundesagentur für Arbeit ein Darlehen von 17,5 Milliarden Euro zu gewähren. Das Finanzministerium erwarte, dass der Schuldenstand Deutschlands von 66 Prozent im vergangenen Jahr bis 2013 auf 80 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt steige.

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