CDU/CSU:Wanderer über dem Wolkenmeer

CDU/CSU: Trotz trüber Aussicht: Friedrich Merz (l.) und Alexander Dobrindt wissen, wo es langgehen soll.

Trotz trüber Aussicht: Friedrich Merz (l.) und Alexander Dobrindt wissen, wo es langgehen soll.

(Foto: Christof Stache/AFP)

Die Union trifft sich auf der nebligen Zugspitze und möchte der Regierung so von oben herab erklären, wie man es ihrer Ansicht nach besser macht.

Von Boris Herrmann, Garmisch-Partenkirchen

Friedrich Merz und Alexander Dobrindt scheuen gerade keine Mühen, um die Ampel-Koalition zu ärgern. Am Donnerstag sind der Unionsfraktionschef von der CDU und der CSU-Landesgruppenvorsitzende dafür sogar mit der Gondel auf die Zugspitze gekommen, um von oben herab ein wenig nach unten zu stänkern in das aus ihrer Sicht so schlecht regierte Land. "Deutschland braucht Zuversicht von der Zugspitze statt Mutlosigkeit aus Meseberg", sagt Dobrindt in Anspielung auf die jüngste Koalitionsklausur in Brandenburg, die aus seiner Sicht nicht viel mehr als die Erkenntnis brachte, dass die Ampel den Sommer komplett "verbummelt" habe.

Merz wirft bei der Gelegenheit gar die Frage auf, ob Olaf Scholz seinem Amt noch gewachsen sei. (Über die Antwort denkt er angeblich noch nach.) Die Wissenslücken des Bundeskanzlers vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss hätten ihn, Merz, jedenfalls "geradezu erschüttert", genau so wie der "einmalige Vorgang" mit dem Holocaust-Eklat von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Kanzleramt. "Es gibt Fehler, die in einem solchen Amt nicht passieren dürfen", sagt Merz. Aber jetzt soll es ja gar nicht mehr um den verbummelten Sommer gehen, sondern um den Blick nach vorne in Richtung Herbst. Nach Lage der Dinge dürfte der etwa so verdrießlich werden wie die Aussicht an diesem nebligen Tag auf der Zuspitze.

Es hat vermutlich schon energiesparendere Ideen gegeben als eine Klausur der Fraktionsspitze von CDU und CSU auf dem höchsten Gipfel Deutschlands. Das hält Merz und Dobrindt aber nicht davon ab, an Ort und Stelle ihre eigenen Vorschläge zur Linderung der Energiekrise zu präsentieren und damit insbesondere die aktuelle Schwächephase von Wirtschaftsminister Robert Habeck auszunutzen. "Habeck muss einsehen, dass er großen Bockmist gebaut hat", verkündet Dobrindt in nagelneuen Wanderschuhen, obwohl hier vor lauter Oppositionsarbeit natürlich wenig Zeit zum Wandern bleibt.

Merz und Dobrindt setzen Habeck mit einer Idee unter Druck, die er selbst unterstützt

Während Robert Habeck noch damit beschäftigt ist, den Scherbenhaufen zusammen zu kehren, der durch die verkorkste Gasumlage entstanden ist, richtet die Union nun den Fokus auf die steigenden Strompreise. "Wir müssen weg von einem Strompreis, der durch Putins Angriffskrieg bestimmt wird", heißt es in dem Entwurf für ein Papier, das der geschäftsführende Fraktionsvorstand am Donnerstag hoch zu Berge beraten und am Freitag unten im Tal in Murnau beschließen wollte.

CDU und CSU fordern darin eine Strompreis-Bremse. Wenn Gaskraftwerke Strom erzeugen, sollen die hohen Kosten nach den Vorstellungen der Union nicht mehr in den Großhandelspreis einfließen. "Das hätte sofort eine dämpfende Wirkung auf die Strompreisbildung und würde die Wirtschaft und besonders den Mittelstand entlasten", heißt es in dem Entwurf, der der SZ vorliegt. Merz und Dobrindt setzen Habeck damit mit einer Idee unter Druck, die er selbst unterstützt, aber kurzfristig wohl kaum wird umsetzen können, auch weil der Strommarkt europäisch geregelt wird. Die Union versucht an dieser Stelle offenbar Zeit zu gewinnen, um Habeck möglichst lange als "Ankündigungsminister" darzustellen. Wer dringend notwendige Entscheidungen weiter verschleppe, riskiere einen kalten Winter, sagt Dobrindt.

Im Kampf gegen die Winterkälte traut die Union der Bundesregierung offenbar so wenig zu wie dem freien Spiel der Marktkräfte. So wollen Merz und Dobrindt die Gasspeicher in Deutschland künftig in staatliche Verantwortung stellen, die Preise für Gas deckeln und Geringverdiener mit Direktzahlungen entlasten. In ihrer immer noch etwas gewöhnungsbedürftigen Oppositionsrolle produziert die Union natürlich keine Gesetze mehr, sondern zunächst einmal nur Beschlusspapiere. Aber, so sagt es Merz: "Die Opposition von heute ist die Regierung von morgen."

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