Causa Steinbach:Vertriebene bieten Verzicht an

Nach monatelangem Streit bietet Erika Steinbach der Bundesregierung überraschend einen Deal an: Die Vertriebenenpräsidentin will auf ihren Sitz im Stiftungsrat verzichten. Im Gegenzug soll sich die Bundesregierung künftig bei der Besetzung des Rats heraushalten.

Peter Fahrenholz

Der Bund der Vertriebenen (BdV) will über eine Gesetzesänderung den Konflikt um eine Mitwirkung seiner Präsidentin Erika Steinbach im Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" entschärfen. Einen entsprechenden Vorschlag will Steinbach am Dienstag unterbreiten. Sollte die Bundesregierung ihn akzeptieren, gilt ein Verzicht Steinbachs als möglich. Falls nicht, erwägt der BdV juristische Schritte und droht mit dem Rückzug aus dem Projekt.

Erika Steinbach, ddp

Sollte die Bundesregierung einen Vorschlag der Vertriebenen akzeptieren, gilt ein Verzicht Erika Steinbachs als möglich.

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Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe im BdV, bestätigte der Süddeutschen Zeitung entsprechende Überlegungen: "Wir müssen die Stiftung aus dem Würgegriff der Bundesregierung befreien, wir müssen sie unabhängiger machen" sagte Posselt. Dafür müsse im Gesetz eine ",unabhängigere Konstruktion" für die Stiftung gefunden werden, mit der ein "freies Benennungsrecht" der Beteiligten für die Besetzung des Stiftungsrates gewährleistet werde. Bisher ist vorgesehen, dass die dreizehn Mitglieder des Stiftungsrates zwar von ihren jeweiligen Institutionen benannt werden, jedoch von der Bundesregierung bestellt werden müssen. Damit hat die Regierung quasi ein Vetorecht, wovon Außenminister Guido Westerwelle im Falle Steinbachs auch Gebrauch macht, indem er die Berufung der BdV-Präsidentin ablehnt.

Dieses Vetorecht wollen die Vertriebenen beseitigen und interpretieren das als Lösung, die es allen Beteiligten ermögliche, das Gesicht zu wahren. Posselt will auf der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth die CSU-Bundestagsabgeordneten auf diese Linie einschwören. Damit könnte es zur nächsten Auseinandersetzung in der schwarz-gelben Bundesregierung kommen. Denn dass die FDP eine solche Gesetzesänderung mitträgt und damit ihren Vorsitzenden und Außenminister desavouiert, ist wenig wahrscheinlich. Westerwelle selbst sicherte am Montag im ZDF zu, den Vorschlag "konstruktiv zu prüfen".

Denkbar wäre auch, dass Steinbach von sich aus verzichtet, wenn die Bundesregierung den Vertriebenen im Gegenzug ein freies Benennungsrecht zugesteht. Wenn es eine Gesetzesänderung gebe, "kann neu nachgedacht werden", sagte Posselt. In einem BdV-Beschluss, aus dem die Frankfurter Allgemeine zitiert, heißt es dazu, falls die Bundesregierung auf diesen Vorschlag eingehe, "entfällt die Notwendigkeit, dass der BdV durch seine Präsidentin im Stiftungsrat vertreten sein muss".

Sollte die Bundesregierung den Vorschlag ablehnen, würde sich der Konflikt um Steinbach weiter verschärfen. Denn nach SZ-Informationen soll der Brief an die Bundesregierung, in dem der BdV Steinbach offiziell als Mitglied des Stiftungsrats benennt, in diesem Fall unverzüglich abgeschickt werden. Bisher war Steinbach benannt, die Bundesregierung davon aber noch nicht förmlich unterrichtet worden. Würde ein solches Schreiben vorliegen, könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Konflikt nicht länger vermeiden, sondern müsste sich entscheiden, ob sie die Haltung Westerwelles unterstützt, oder der Forderung der CSU und Teilen der CDU nachgibt, Steinbach als eines der drei BdV-Mitglieder in den Stiftungsrat zu berufen.

Sollte Steinbach abgelehnt werden, erwägt der BdV nach Posselts Worten eine juristische Überprüfung des Gesetzes. Außerdem drohen die Vertriebenen für diesen Fall damit, sich aus dem gesamten Projekt zurückzuziehen. "Wenn es bei der Blockade bleibt, bleibt uns nur der Rückzug", sagte Posselt und fügte hinzu: "Dann wären wir ja nur ein Feigenblatt, und das machen wir nicht."

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