Diese Woche sollte eigentlich die Woche des Spitzenkandidaten werden. Frank-Walter Steinmeier wollte mit seinem Kompetenzteam in den Wahlkampf starten, während Merkel noch in Südtirol wandert. Die Republik sollte endlich wieder mehr über die SPD reden.
Genau das geschieht jetzt auch - allerdings anders, als es sich die Genossen gewünscht haben. Seit Tagen macht ganz Deutschland Witze über Ulla Schmidts Dienstwagen in Alicante und über die Chaos-Truppe zwischen Auswärtigem Amt und Willy-Brandt-Haus.
Dies führt nun dazu, dass sich Schmidt vorläufig aus dem Kompetenzteam des Kandidaten nehmen lassen musste. Wird sie von den Gremien des Bundestags und des Bundesrechnungshofs für unschuldig befunden, darf sie nachrücken. Wenn nicht, war's das.
Dies mag eine menschlich anständige Lösung sein, zumal da Steinmeier und Schmidt befreundet sind. Gerhard Schröder, der Machtpolitiker, hätte Schmidt den Rücktritt "nahegelegt", so wie er das in unterschiedlichen Fällen mit Herta Däubler-Gmelin oder Karl-Heinz Funke getan hat.
Steinmeier aber ist nicht so, er will allen gerecht werden. Das ist ein Teil seines Problems. Spitzenpolitiker müssen harte, manchmal ungerechte Entscheidungen fällen, gerade wenn sie Freunde betreffen.
Ulla Schmidts Pech war der Diebstahl des Dienstwagens, ihr Fehler aber war die selbstgerechte Kommentierung dieses Missgeschicks. Wer in einer solchen Situation mit einem Satz wie "das steht mir zu" in Verbindung gebracht werden kann, der hat, wie man so schön sagt, den Schuss nicht gehört.
Fast jeder, der in den nächsten sechs bis acht Wochen Ulla Schmidt auf einem Marktplatz oder im Fernsehen sieht, wird an ihren Benz denken. Eine so zwangsläufig zur Selbstverteidigungspolitikerin werdende Ministerin aber gehört nicht in ein Wahlkampfteam, das Aufbruch, Neubeginn und Optimismus signalisieren soll.
Diese Woche ist für die SPD versaut. Der Mercedes der Gesundheitsministerin ist zu einer Art Krankenwagen für den Wahlkampfauftakt mutiert. In den nächsten Tagen wird es auch nicht viel besser werden. Die politische Klasse, aber auch der gemeine Fernsehzuschauer, interessieren sich weniger dafür, wer zum Schattenkabinett gehört, weil die meisten annehmen, dass Steinmeiers Sonne bis zum 27.September nicht hell genug strahlen kann, um die Nominierten vom Schatten ins Kabinett zu hieven.
Steinmeier ist ein Kandidat, der zwar Kanzler sein könnte, der es aber wohl nicht werden kann. Einerseits trauen es ihm die Wähler nicht zu. Andererseits zeigt er auch zu wenig Entschlusskraft. Dies beweist die Causa Schmidt. Und in der SPD gibt es eigentlich zwei Wahlkampf-Mannschaften, die parallel nebeneinanderher arbeiten. Die einen sind Müntefering ergeben, die anderen Steinmeier. Noch schaden sie sich nicht gegenseitig, aber sie behindern sich hie und da bereits. Die Union sieht das mit Freude.