Causa Erika Steinbach:Verfahrene Situation

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Die Bundesregierung besteht im Streit um die Personalie Steinbach auf ihrem Vetorecht, die FDP bleibt misstrauisch - und die polnische Presse hat schon eine Meinung.

S.Höll, P. Blechschmidt und S. Braun

Die Bundesregierung ist offenbar nicht bereit, die Bedingungen von Erika Steinbach zu erfüllen, damit die Vertriebenenpräsidentin im Gegenzug auf einen Sitz im Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" verzichtet. Der Bund könne und dürfe sich nicht aus der Verantwortung für die Besetzung des Stiftungsrates zurückziehen, hieß es am Mittwoch in Regierungskreisen. Steinbach verlangt die Aufgabe des Vetorechtes des Bundes, mehr Sitze für den BdV und eine andere Trägerschaft für die Stiftung.

Erika Steinbach: Ihr Vorschlag, den Streit um ihre Person zu lösen, stößt bei den Politikern auf Skepsis. (Foto: Foto: Reuters)

Die Regierung werde in Gesprächen mit den Bundestagsfraktionen die Vorschläge Steinbachs und des BdV prüfen, hieß es weiter. Denkbar seien einige Änderungen, zum Beispiel etwas mehr Einfluss des Vertriebenenbundes in der Stiftung. Doch der Verzicht des Bundes auf eine Mitsprache bei der Vergabe der Stiftungsposten sei schon in der großen Koalition mit Zustimmung der Union aus guten Gründen verworfen worden.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnt es mit Verweis auf polnische Vorbehalte ab, Steinbach in den Stiftungsrat zu berufen. Kanzlerin Angela Merkel hat sich bislang aus dem Konflikt herausgehalten und will es offenkundig auch weiterhin tun. Die Gespräche mit den Bundestagsfraktionen soll Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) führen.

Die CSU drängt auf eine Lösung im Sinne der Vertriebenenverbände, in Wildbad Kreuth sagte Parteichef Horst Seehofer in einer internen Runde, die FDP müsse ihre Sturheit aufgeben und Steinbachs Vorschlag zustimmen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) äußerte sich verhaltener. Steinbachs Forderungen seien der Versuch, zu einem Kompromiss zu kommen, sagte er.

Deutlich skeptischer zeigte sich hingegen die FDP. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), meldete Bedenken an: "In der Stiftung stehen Ausgleich und Versöhnung im Vordergrund. Deshalb kann sich der Bund nicht aus der Verantwortung zurückziehen."

Westerwelle beurteile die Lage ähnlich, hieß es in Regierungskreisen. Auf Misstrauen stieß in der FDP auch die BdV-Forderung, die Stiftung aus der Verantwortung des Deutschen Historischen Museums (DMH) herauszulösen. "Beides würde den Charakter des Projekts auf den Kopf stellen", sagte der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Johannes Vogel, der Süddeutschen Zeitung. Der DMH-Direktor Hans Ottomeyer bezeichnete den Vorschlag der Abkopplung in der taz als ,,blanken Unsinn''.

Um das Stiftungsgesetz entsprechend den BdV-Forderungen zu ändern, müssten es alle drei Koalitionsfraktionen im Bundestag billigen. Auf Stimmen aus der Opposition kann die Bundesregierung dabei nicht rechnen. SPD, Grüne und Linke lehnten die Begehren des BdV strikt ab.

SPD-Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier, der in seiner Zeit als Außenminister ebenfalls eine Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat blockiert hatte, sagte: "Jetzt sollen im Nachhinein die alten Maximalforderungen des BdV doch noch durchgesetzt werden."

Polens Regierung reagierte bisher zurückhaltend auf den Vorschlag. Außenminister Radoslaw Sikorski sagte, die Debatte gehe "in die richtige Richtung", wenn das "gute Verhältnis zu Polen" für die Deutschen ein wichtiges Argument sei.

Die Warschauer Presse lehnte indes den BdV-Vorstoß entschieden ab. In der linksliberalen Gazeta Wyborcza hieß es, dieser wolle das Geschichtsbild durchsetzen, dass die deutschen Vertriebenen "unschuldige Opfer der Polen und Tschechen" gewesen seien. Die nationalkonservative Rzeczpospolita unterstellte, Steinbach wolle "das Vertriebenenmuseum kontrollieren", dies sei jedoch unannehmbar.

© SZ vom 07.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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