Castor-Transporte:Das Recht des Stärkeren

Die Atompolitik ist eine nationale Angelegenheit, die die Gesellschaft spaltet, Widerstand provoziert - und immense Kosten verursacht. Der Bund allerdings ist sehr zurückhaltend in Sachen Finanzierung.

Joachim Käppner

Wenn bei einem Großeinsatz wie dem Castor-Transport nach Gorleben 131 Polizisten verletzt werden, hätte das früher für Empörung gesorgt. Heute gelten andere Spielregeln, offenkundig auch für die evangelische Kirche, deren neuer Ratsvorsitzender in den Castorblockaden einen Gewinn für die Demokratie erkennen will.

Proteste gegen Castor-Transport

Proteste gegen Castor-Transport: Polizisten tragen Demonstranten von den Schienen.

(Foto: dapd)

Der scheidende Chef der Gewerkschaft der Polizei jedenfalls, Konrad Freiberg, hat der Bundesregierung mit schneidenden Worten vorgeworfen, sie trage ihre verfahrene Atompolitik auf dem Rücken der Polizei aus. Das mag überspitzt sein, sollte dem Adressaten dieser Philippika, nämlich dem Staat als Dienstherrn der Polizisten, aber zu denken geben. Doch der Dienstherr spricht lieber übers Geld.

Vor allem Niedersachsen, Standort des Zwischenlagers Gorleben, hätte gern Millionen vom Bund, da die Landeskasse die Kosten für den Polizeieinsatz zu großen Teilen tragen muss. Landes-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bemüht das Grundgesetz, das in der Tat Ausgleichszahlungen an die Länder für besondere Belastungen vorsieht. Diese Argumentation, eigennützig, wie sie sein mag, ist logisch nachvollziehbar.

Die Atompolitik ist eine nationale Angelegenheit, noch dazu eine, welche die Gesellschaft spaltet und wachsenden Widerstand der Bürger provoziert - und damit absehbar noch mehr Polizeieinsätze, noch mehr Überstunden, noch mehr Verletzte. Nach Lage der Dinge wird vor allem Gorleben Schauplatz dieser Auseinandersetzung sein. Wenn der Bund dem Land dauerhaft die Kosten aufbürden würde, wäre das eine Politik, die er auf andere Weise mit den Castor-Transporten schon praktiziert: Es gilt das Recht des Stärkeren.

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