Grundschule:CDU debattiert über Deutschkenntnisse von Kindern

Unions-Mittelstand tagt in Dresden

Carsten Linnemann hatte eine Vorschulpflicht und notfalls eine spätere Einschulung der betroffenen Kinder verlangt.

(Foto: Jan Woitas/picture alliance/dpa)
  • In der CDU hat eine Debatte darüber begonnen, ob Kinder mit sehr schlechten Deutschkenntnissen später eingeschult werden sollten.
  • Der stellvertretende Unionsfraktionschef Linnemann fordert, solche Kinder notfalls später einzuschulen.
  • Dem widersprechen Parteifreunde wie die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Prien, die den Vorstoß in der SZ "populistischen Unfug" nennt.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der Union hat eine Debatte darüber begonnen, ob Kinder mit sehr schlechten Deutschkenntnissen später eingeschult werden sollten. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) wies am Montag einen entsprechenden Vorstoß des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Carsten Linnemann vehement zurück.

Prien sagte der Süddeutschen Zeitung, die Forderung, Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen von der Schulpflicht auszunehmen, sei "populistischer Unfug" und "der völlig falsche Weg".

Derartige Kinder gehörten vielmehr "im Rahmen der Regelbeschulung" in Deutsch-als-Zweitsprache-Klassen. "Im Jahr 100 nach Einführung der Schulpflicht" sollten gerade Christdemokraten "auf die soziale und gesellschaftliche Errungenschaft einer allgemeinen Schulpflicht hinweisen", sagte Prien. Die Bildungsministerin ist in ihrem Bundesland auch stellvertretende CDU-Vorsitzende.

Linnemann hatte eine Vorschulpflicht und notfalls eine spätere Einschulung der betroffenen Kinder verlangt. "Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen", sagte Linnemann der Rheinischen Post.

Wenn bei Sprachtests wie etwa in Duisburg mehr als 16 Prozent der künftigen Erstklässler gar kein Deutsch könnten, müssten die Alarmglocken schrillen. Sein Vorschlag koste Geld, aber fehlende Integration und unzureichende Bildung seien "am Ende viel teurer", sagte Linnemann.

Er erlebe außerdem "bis tief hinein in die Mittelschicht" Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken, weil das Niveau an staatlichen Schulen sinke. Linnemann ist auch Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU.

Mit seinem Vorschlag stieß er nicht nur bei der Kieler Bildungsministerin, sondern auch in der Unionsfraktion im Bundestag auf Widerspruch. Die stellvertretende Fraktionschefin Katja Leikert twitterte, "die Kinder und das Einwanderungsland" würden von dem Vorschlag nicht profitieren, "besser wäre es, wenn wir mehr Sprachförderung anbieten und endlich den gesetzlichen Anspruch auf Nachmittagsbetreuung an Grundschulen durchsetzen". Dann hätten "auch Kinder, die wenig Deutsch sprechen bessere Chancen".

Prien kritisierte am Montag nicht nur Linnemann, sondern auch die Bundesregierung. "Der Bund hat massiv die Mittel zur Integration zurückgefahren, weil weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen", sagte die Ministerin der SZ.

Die Kinder seien "allerdings schon hier und es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dafür zu sorgen, dass diese Kinder in den kommenden Jahren die deutsche Sprache beherrschen lernen". Sie sei deshalb dafür, "Kita und Vorschule zum Spracherwerb verpflichtend zu machen". Hier sei "der Bundesgesetzgeber gefordert, die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen".

Grundschullehrer sind Mangelware

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte zum Vorstoß Linnemanns, er sei "ein absoluter Anhänger von bundesweiten, flächendeckenden Sprachstandstests bei Drei- und Vierjährigen". In einigen Bundesländern gebe es Ansätze für derartige Tests, aber leider passiere "dann bei festgestellten Defiziten zu wenig, auch weil dazu spezifisch ausgebildete Personen - unter anderem Logopäden - gebraucht würden, die wir nicht haben".

Grundschullehrer seien sowieso Mangelware. Dabei sei es doch "eine Binsenweisheit: Was an Frühförderung versäumt wurde, lässt sich später kaum mehr aufholen."

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