Carles Puigdemont:Kataloniens Regierungschef legt sich mit König Felipe an

  • Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat in seiner Fernsehrede bekräftigt, mit der Führung in Madrid über Auswege aus der Krise verhandeln zu wollen - die lehnt eine Vermittlung aber ab.
  • Puigdemont stellte erneut klar, dass die Pläne zur Ausrufung der Unabhängigkeit von Spanien verwirklicht werden sollen.
  • Scharfe Kritik übte er am spanischen König Felipe VI. und dessen Rede vom Vorabend.

Von Thomas Urban, Barcelona

"Nicht so! Sie haben viele Katalanen enttäuscht!" So lautete die Hauptaussage der am Mittwochabend mit Spannung erwarteten Fernsehsprache des katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont. Gemeint war damit der spanische König Felipe VI., der exzellent Katalanisch spricht, eine eigene romanische Sprache, die die meisten Spanier aus anderen Regionen nicht verstehen.

Der sonst ständig lächelnde Puigdemont trug einen schwarzen Anzug und wirkte im Halbdunkel des gotischen Regierungspalastes in der Altstadt von Barcelona tief bekümmert. Am Vorabend hatte Felipe ebenfalls eine Fernsehrede gehalten und dabei die Führung in Barcelona scharf angegriffen: Es handle sich um Gesetzesbrecher, die die Gesellschaft spalteten, die den Willen der Mehrheit der Bevölkerung missachteten.

Der König bezog sich damit auf die Zahlen vom Referendum über die Unabhängigkeit der Region am Sonntag, das das spanische Verfassungsgericht für illegal erklärt hatte. Trotz der Versuche der nationalen Polizei, Wahllokale zu blockieren, wobei es zu zahlreichen brutalen Übergriffen kam, nahmen nach Angaben der Regionalregierung 2,2 Millionen Menschen daran teil, die zu 90 Prozent für die Abspaltung vom Königreich votierten. Doch wahlberechtigt waren 5,3 Millionen.

König Felipe hatte nicht zum Dialog aufgefordert

Auch der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach von einer "schweigenden Mehrheit" in Katalonien, die den "illegalen Kurs" der Führung in Barcelona ablehne. Puigdemont beklagte sich in seiner achtminütigen Rede, dass Menschen, die lediglich von ihrem demokratischen Grundrecht Gebrauch machten, von Madrid kriminalisiert würden.

Felipe hatte am Vorabend kein einziges Wort des Bedauerns über das harte Vorgehen der Polizei einfließen lassen, ebensowenig mahnte er zum Dialog. Vielmehr forderte er schlicht, Katalonien habe sich Madrid unterzuordnen. Es sei nicht hinzunehmen, dass die Verfassung, die das Gerüst der Demokratie darstelle, von den Politikern in Barcelona gebrochen werde.

Kommentatoren der katalanischen Medien nahmen diesen Satz Felipes zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass die Monarchie in Spanien ja ebenfalls durch Verfassungsbruch wieder eingeführt worden war. 1931 hatte das Land erstmals eine demokratisch legitimierte Verfassung bekommen, darin war als Staatsform die Republik festgeschrieben. Der rebellierende General Francisco Franco zerstörte mit seinem Angriff auf die legitime Regierung 1936 die verfassungsmäßige Ordnung und löste somit den Bürgerkrieg aus.

Die EU warnt vor der Erklärung der Unabhängigkeit

In seiner Rede warf Puigdemont dem König vor, mit seiner Wortwahl nicht zu einer Befriedung des Konflikts beizutragen. In Madrid war zuvor bekannt geworden, dass die Rede Felipes im Detail mit der Regierung unter Mariano Rajoy abgesprochen worden war. In der Tat wiederholte Felipe sinngemäß die unversöhnliche Rede, die Rajoy am Sonntagabend nach dem Referendum gehalten hatte.

Puigdemont dagegen erklärte seine Bereitschaft, mit der Führung in Madrid über Auswege aus der Krise und über Kompromisse zu verhandeln. Nach dem Stand der Dinge aber habe Barcelona keinen Anlass, von seinem Vorhaben abzurücken, einseitig die Unabhängigkeit von Spanien zu erklären. Nicht nur Madrid, sondern auch die EU in Brüssel warnten ihn erneut eindringlich vor diesem Schritt.

Kurz nach der Rede Puigdemonts ließ die spanische Regierung allerdings verlauten, dass sie eine Vermittlung im Streit um die Unabhänigkeit Kataloniens ablehne: "Die Regierung wird über nichts Illegales verhandeln und wird keine Erpressung hinnehmen", erklärte Rajoys Büro. Gespräche werde es erst geben, wenn der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont die Unabhängigkeitsbestrebungen aufgebe.

Parlamentsdebatte am Montag

Für Montag ist die Zusammenkunft des Parlaments in Barcelona vorgesehen. Auf der Tagesordnung steht eine Debatte über das Referendum. Die neomarxistische Oppositionspartei CUP, von deren Unterstützung die Regierungsmehrheit im Parlament abhängt, hat die sofortige Ausrufung der Unabhängigkeit gefordert. Puigdemont aber gab zu verstehen, dass er auch mit Vertretern der EU über eine Lösung beraten möchte.

König Felipe aber, so hieß es in einem Kommentar des katalanischen Fernsehsenders 3/24, habe sich als Brückenbauer in dem Konflikt disqualifiziert. Bei seinen letzten Auftritten in Katalonien, vor allem im Camp Nou, dem Stadion des FC Barcelona, hatte er Pfeifkonzerte über sich ergehen lassen müssen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: