Süddeutsche Zeitung

Caracas:Maduro macht Ernst

  • Kurz nach dem Verfassungsreferendum vom Sonntag lässt Venezuelas Staatschef Maduro zwei bekannte Oppositionelle festnehmen.
  • Die Verhaftungen von Leopoldo López und Antonio Ledezma sind Schritt mit Symbolkraft.
  • Maduro scheint nun seine autoritäre Position festigen zu wollen.

Die venezolanischen Oppositionsführer Leopoldo López und Antonio Ledezma sind nach Angaben ihrer Familien aus ihren Häusern abgeführt worden. Beide standen unter Hausarrest. Das teilten López' Ehefrau Lilian Tintori und Ledezmas Tochter Antonietta per Twitter mit.

"Wir wissen nicht, wo er ist, noch, wo man ihn hinbringt", schrieb Tintori über ihren Mann. Sollte diesem etwas zustoßen, sei Präsident Nicolás Maduro dafür verantwortlich. Auf ihrem Account wurden zudem Videoaufnahmen veröffentlicht, die zeigen, wie ein Mann von Agenten der Staatssicherheit abgeführt wird. Inzwischen hat das Oberste Gericht Venezuelas die offizielle Begründung für die Verhaftungen mitgeteilt: Es lägen Geheimdienstinformationen vor, wonach die beiden Politiker ihre Flucht geplant hätten.

Vor allem aber sind die Verhaftungen sind ein symbolträchtiger Schritt. Bei López und Ledezma handelt es sich um zwei der bekanntesten politischen Oppositionellen Venezuelas. López war Chef der konservativen, oppositionellen Partei Voluntad Popular. Seine Verhaftung 2015 hatte international großes Aufsehen erregt, damals wurde er wegen Anstiftung zur Gewalt zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Erst kürzlich entließ ihn der Oberste Gerichtshof überraschend in den Hausarrest - offiziell aus humanitären Gründen. Inoffiziell wurde der Schritt als Zugeständnis und vorsichtiges Entspannungssignal an die Opposition gewertet. Ähnlich liegt der Fall von Antonio Ledezma, dem gewählten Bürgermeister von Caracas. Dieser war 2015 verhaftet und nach vier Monaten Gefängnis unter Hausarrest gestellt worden.

Die neuerliche Festnahmen der beiden, nur zwei Tage nach dem Verfassungsreferendum vom vergangenen Sonntag, könnten als Signal der Regierung zu werten sein, dass sie nun jeglichen Versuch aufgibt, zu einer einvernehmlichen Lösung mit der Opposition zu kommen. Diese ruft seit Monaten zu Straßenprotesten gegen den umstrittenen Staatschef Maduro auf. Dazu passt auch, dass Maduro den ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero heftig kritisierte. Zapatero betätigt sich als Vermittler in der venezolanischen Krise und hatte die Regierung zu "neuen Gesten" der Verhandlung aufgefordert. Maduro wies dies zurück und kritisierte Zapatero dafür, seine Forderung nicht mit der Regierung abgestimmt zu haben.

"Ihre Gefängniszellen warten schon", hatte Maduro gesagt

Bereits vor dem Verfassungsreferendum war befürchtet worden, dass Maduro die Abstimmung nutzen könnte, um zukünftig stärker diktatorisch zu regieren. Die Opposition hatte dazu aufgerufen, die Wahl zu boykottieren. Denn die Art, wie sie abgehalten wurde, garantierte Maduro schon von vorne herein eine Mehrheit.

Ein Drittel der 545 Sitze der Verfassungsversammlung wird nicht gewählt, sondern mit Vertretern der sozialen Bewegungen besetzt, die von der Regierung ausgesucht werden. In allen 340 Gemeinden des Landes sollte zudem ein Kandidat gewählt werden - was den ländlichen Gebieten, wo das Regierungslager dominiert, ein unverhältnismäßiges Übergewicht verschaffte.

Die Opposition fürchtet durch die geplante Verfassungsänderung eine kaum noch kontrollierbare Machtfülle für Maduro und dessen Partei. Venezuelas Präsident hatte bereits am Wochenende angekündigt, Gegner festnehmen lassen zu wollen. Mit Blick auf die Opposition sagte er am Samstag: "Ihre Gefängniszellen warten schon."

Auch bei vielen lateinamerikanischen Nachbarn Venezuelas stieß die Abstimmung auf Kritik. Die USA verhängten als Reaktion auf die Abstimmung Sanktionen gegen Venezuelas Staatschef. Das US-Präsidialamt erklärte, Maduro sei jetzt de facto ein Diktator.

Um die Wahl herum war es in Venezuela erneut zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Mehrere Menschen kamen ums Leben. Die Lage in dem Land ist schon seit Monaten extrem angespannt.

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