Süddeutsche Zeitung

Drogenpolitik:Apotheker wollen keine Cannabis-Händler werden

Komme es zu einer Legalisierung, sehe man sich in einem Konflikt, warnt der Berufsverband. Pharmazeuten seien "Heilberufler" und wollten nicht mit kommerziellen Drogenhändlern konkurrieren. Die Gewerkschaft der Polizei sieht die Pläne weniger kritisch.

Von Kassian Stroh

Apotheker, die nicht zu Drogenhändlern werden wollen, Polizisten, die fürchten, künftig mit einer Waage auf Streife zu gehen, Ärzte, die Jugendliche nicht ausreichend geschützt sehen: Gegen die Pläne der Bundesregierung, Cannabis zu Genusszwecken zuzulassen, regt sich Widerstand. Die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker habe sich eindeutig dagegen ausgesprochen und vor den gesundheitlichen Gefahren gewarnt, sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der Rheinischen Post.

Er sieht sich und seine Kolleginnen und Kollegen künftig "in einem heilberuflichen Konflikt": Einerseits seien sie wegen ihrer fachlichen Expertise bestens geeignet, die notwendigen hohen Qualitätsstandards bei der Abgabe und Beratung zu erfüllen, sagt er. "Andererseits sind Apothekerinnen und Apotheker Heilberufler." Zudem behagt Preis nicht, dass man künftig mit Drogenhändlern konkurriere: "Besonders kritisch wird auch eine mögliche Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern gesehen."

Die Bundesregierung hat am Mittwoch die Eckpunkte der Reform gebilligt, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegt hat. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Cannabis-Produkte künftig nur in "lizenzierten Fachgeschäften" und womöglich Apotheken verkauft werden dürfen. Werbung dafür soll verboten werden, genauso wie der Versandhandel. Auch soll es Höchstmengen geben, die abgegeben werden dürfen.

Anders als früher stellt sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht mehr generell gegen eine Cannabis-Legalisierung. Sie wolle das Vorhaben konstruktiv begleiten, sagt ihr Bundesvorsitzender Jochen Kopelke, kritisiert aber, das Eckpunkte-Papier lasse "noch zu viele Fragen offen". Kopelkes Sorge: Dass Erwachsene künftig bis zu 30 Gramm besitzen dürften, ziehe kleinteilige Kontrollen nach sich. "Das heißt, wir sind künftig alle mit der Feinwaage unterwegs." Bei ihrem Bundeskongress im September hatte die GdP gefordert, parallel zur Legalisierung müsse es klare rechtliche Regeln für die Arbeit der Polizei geben - nicht zuletzt, was Kontrollen im Straßenverkehr betrifft.

Mediziner warnen vor gesundheitlichen Risiken für Jugendliche

Viel kritischer sieht der Verband der Kinder- und Jugendärzte die Pläne der Regierung. Sie will den Anbau und den Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis künftig allen Volljährigen ermöglichen. "Das Hirn ist erst mit etwa 25 Jahren ausgereift", gab Verbandschef Thomas Fischbach bereits in der vergangenen Woche zu bedenken, als Lauterbachs Pläne publik wurden. Regelmäßiger Cannabiskonsum störe die Entwicklung des Gehirns dauerhaft. Fischbach fordert, man müsse auch verhindern, "dass Ältere vorgeschickt werden, um die Substanzen an Jüngere zu verticken".

Mit den Gesundheitsgefahren begründet auch die Union im Bundestag ihre Ablehnung. Für 18- bis 21-Jährige solle zwar ein niedrigerer Grenzwert des Wirkstoffs THC gelten. Dies sei jedoch "medizinisch vollkommen willkürlich", kritisiert der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger, selbst Arzt. Cannabis müsste bis zum Alter von 25 Jahren generell verboten bleiben. Zugleich werde Lauterbachs Reform ihr Ziel verfehlen, den Schwarzmarkt auszutrocknen, prophezeit der Münchner Abgeordnete: Da der Anbau von Cannabis in Deutschland aufwendiger sei, werde es deutlich teurer sein als beim "Dealer ums Eck" - zumal dann, wenn es eigens besteuert und in Apotheken vertrieben werde.

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