Drogenpolitik:Lauterbach hält Cannabis-Freigabe 2024 für möglich

Die Ampel will Marihuana freigeben. Wo man Cannabis kaufen kann und ob man auch privat THC-haltige Pflanzen anbauen dürfen soll, zeigt ein Eckpunktepapier des Gesundheitsministers.

Das Bundeskabinett hat sich auf Eckpunkte für die geplante Cannabis-Legalisierung geeinigt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte die Einzelheiten am Mittwoch in Berlin vor. Demnach sollen der Kauf und der Besitz von Cannabis künftig in Grenzen erlaubt werden. Ein konkreter Gesetzentwurf soll nach den Worten des Ministers aber erst erarbeitet werden, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU keine rechtlichen Einwände gegen eine Cannabis-Freigabe gibt - was keinesfalls sicher ist.

Lauterbach sagte dazu: "Ich denke, wir sind gut vorbereitet. Ich halte eine Hängepartie wie bei der Maut für ausgeschlossen." Aus seiner Sicht könnte das Vorhaben der Bundesregierung "ein Modell für Europa sein". Zum Zeitplan sagte er: "Ich kann mir gut vorstellen, dass 2024 die Legalität erreicht wird." Die Vorbereitung des Gesetzes werde jedoch keine Kleinigkeit.

Bei der Vorstellung der Eckpunkte sagte Lauterbach, es gehe der Regierung um Entkriminalisierung und darum, einen besseren Kinder- und Jugendschutz sowie einen besseren Gesundheitsschutz zu erreichen. "Wir wollen klare Verhältnisse schaffen", sagte der Gesundheitsminister. Zugleich wies er darauf hin, dass keine völlige Legalisierung geplant sei - er sprach von "engen Grenzen". Lauterbach sagte: "Wir wollen den Markt streng regulieren, sicherstellen, dass die Abgabe nicht an Kinder und Jugendliche geht. Wir wollen den gesamten Markt kontrollieren." Aus schlechten Erfahrungen in den Niederlanden habe man gelernt.

Die Einzelheiten im Überblick:

  • Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.
  • Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm "Genusscannabis" zum Eigenkonsum sollen straffrei sein - unabhängig vom konkreten THC-Gehalt. Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei möglicher Strafverfolgung verzichtet werden.
  • Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt - "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person". Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.
  • Der Verkauf soll in "lizenzierten Fachgeschäften" - Zutritt erst ab 18 Jahren - und eventuell Apotheken ermöglicht werden. Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben. Der Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.
  • "Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz" soll geprüft werden, ob es für unter 21-jährige Käufer eine THC-Obergrenze geben soll.
  • Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte "Cannabissteuer" geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Ziel ist ein Endverbraucherpreis, "welcher dem Schwarzmarktpreis nahekommt".
  • Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelassen werden. Sogenannte Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis, zunächst nicht.
  • Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote sollen ausgebaut werden. Es sei insbesondere notwendig, "niedrigschwellige und flächendeckende Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflektion für konsumierende Jugendliche einzuführen", heißt es in den Eckpunkten.
  • Begleitend sollen Daten erhoben und analysiert werden zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit.

Die bayerische Landesregierung übt Kritik

Die bayerische Landesregierung bekräftigt derweil ihre Kritik an dem Vorhaben der Ampelkoalition. "Die Legalisierungspläne der Bundesregierung stellen nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa ein gefährliches Signal dar", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Augsburger Allgemeinen. "Cannabis besitzt eine starke stimmungs- und wahrnehmungsverändernde Wirkung", warnt er. Der Konsum berge "wesentliche und teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken".

Holetschek äußert auch die Befürchtung, dass eine Legalisierung in Deutschland auch Cannabis-Fans aus anderen europäischen Ländern anlockt. "Deshalb muss die Bundesregierung sicherstellen, dass keine Anreize für einen Drogentourismus nach Deutschland geschaffen werden."

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