Calais:Helfer berichten von obdachlosen Flüchtlingskindern in Calais

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Flüchtlinge schliefen in der Nacht auf Donnerstag im Freien vor dem Lager. (Foto: AFP)
  • Auch nach der offiziellen Räumung befinden sich Flüchtlinge beim Lager nahe Calais.
  • Hilfsorganisationen zufolge sind Dutzende Kinder darunter.
  • Die Präfektin des Départements Pas-de-Calais hingegen erklärte: "Die Menschen, die da sind, sind nicht die Menschen, die in dem Camp gelebt haben."

Der "Dschungel" sei offiziell geräumt, die Flüchtlinge auf Lager in ganz Frankreich verteilt, hieß es seitens der Regierung am Mittwochabend. Doch Hunderte Flüchtlinge aus dem nordfranzösischen Lager nahe Calais blieben offenbar zurück und verbrachten die Nacht im Freien. Auch unbegleitete Minderjährige seien darunter, berichten mehrere NGOs. "Dutzende Kinder sind immer noch unregistriert, ohne zu wissen wohin", schildert die Organisation Ärzte ohne Grenzen. "Wir haben die Behörden angefleht, etwas für die Kinder zu tun - ohne Erfolg", kritisiert eine Helferin von Calais Action gegenüber der BBC. Auch AFP und Le Monde berichten, dass vor dem Gelände des ehemaligen Camps Dutzende junge Flüchtlinge die Nacht ohne Schlafplatz verbrachten.

Die Präfektin des Départements Pas-de-Calais, Fabienne Buccio, erklärte daraufhin allerdings am Donnerstag: "Die Menschen, die da sind, sind nicht die Menschen, die in dem Camp gelebt haben."

Die französischen Behörden hatten am Montag mit der Räumung und dem Abriss des slumähnlichen Flüchtlingslagers am Ärmelkanal begonnen, fast 5600 Flüchtlinge wurden mit Bussen in Aufnahmezentren im ganzen Land gebracht. Nach offiziellen Schätzungen hielten sich dort zuletzt etwa 6500 Menschen auf, an die 1300 sollen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sein. Viele davon wurden auch zu ihrer Verwandtschaft in Großbritannien gebracht. Für die anderen reservierten die Behörden ein eigenes Containerlager am Rande des "Dschungels", das laut Aktivisten aber bereits voll sein soll. Die Polizei sicherte die Abrissarbeiten mit einem Großaufgebot ab und hielt Flüchtlinge und Journalisten auf Abstand.

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Der Leiter der französischen Behörde für Einwanderung und Integration, Didier Leschi, sagte, es stünden noch zehn Busse zur Verfügung, um Flüchtlinge in Unterkünfte in anderen Landesteilen zu bringen. "Das ist das letzte Angebot", sagte ein anderer Behördenvertreter.

"70 Prozent von ihnen wurden als Flüchtling anerkannt"

In dem aufgelösten Camp haben nach Angaben der Behörden vor allem Menschen mit Asylanspruch gelebt. In den vergangenen zwei Jahren hätten mehrere Tausend Bewohner bereits Asyl in Frankreich beantragt, sagte der Leiter des französischen Flüchtlingsamts, Pascal Brice, dem Radiosender France Info. "70 Prozent von ihnen wurden als Flüchtling anerkannt." Es gehe also nicht um sogenannte Wirtschaftsmigranten. Viele von ihnen wollten aber nach Großbritannien - und strandeten schließlich in Calais.

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