Süddeutsche Zeitung

Bujumbura:Hoher Offizier verkündet Sturz des Präsidenten von Burundi

  • Generalmajor Godefroid Niyombare von der burundischen Armee behauptet, den demokratisch gewählten Präsidenten Pierre Nkurunziza gestürzt zu haben.
  • Der Präsident befindet sich derzeit zu Krisengesprächen im Nachbarland Tansania. Einer seiner Berater bezeichnet den angeblichen Putsch hingegen als "einen Witz".
  • Seit Wochen wird das kleine, afrikanische Land Burundi von Massenprotesten gebeutelt, weil der Präsident eine dritte Amtszeit anstrebt. Dies ist allerdings gegen die Verfassung.

Armee-Major putscht angeblich gegen Präsidenten

Meldungen über einen angeblichen Putsch in Burundi machen in den Medien die Runde. Der frühere Geheimdienstchef und derzeitige Generalmajor Godefroid Niyombare behauptet in einer Radioansprache, dass das Militär Präsident Pierre Nkurunziza gestürzt habe. Die Armee habe einen Auslandsaufenthalt Nkurunzizas genutzt, um die Macht an sich zu reißen. Der Staatschef hielt sich seit dem Morgen zu einem Burundi-Krisengipfel der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) im Nachbarland Tansania auf.

"Ein Witz" sei die Verkündung des Putsches, sagt hingegen ein Berater des Präsidenten dem britischen Guardian zufolge. Die burundische Präsidentschaft erklärte den Putschversuch dagegen für "gescheitert". "Die Situation ist unter Kontrolle, es gibt in Burundi keinen Putsch", verkündete das Präsidentenamt im Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Augenzeugen behaupten, dass in den Straßen der Hauptstadt Bujumbura Jubel ausgebrochen sei. Tausende Menschen feierten angeblich den verkündeten Putsch. Niyombare sagte umringt von Soldaten und aufgezeichnet von einem privaten Radiosender, dass er nun mit Gruppen der Zivilgesellschaft, religiösen Führern und Politikern zusammenarbeite, um eine Übergangsregierung zu formen.

20 Tote seit Beginn der Massenproteste

In dem kleinen Land war es seit mehr als zwei Wochen zu Massenprotesten mit mittlerweile mehr als 20 Opfern gekommen, nachdem Nkurunziza angekündigt hatte, bei der Präsidentenwahl Ende Juni für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Die Verfassung sieht nur zwei Amtszeiten vor. Nkurunziza hatte seinen Geheimdienstchef im Februar entlassen, nachdem dieser ihn aufgefordert hatte, von einer weiteren Amtszeit abzusehen.

Jahrzehnte der Gewalt

Die ehemalige belgische Kolonie Burundi ist seit 1962 unabhängig. Das kleine Land, in dem heute etwa zehn Millionen Menschen leben, wurde seither immer wieder von ethnischer Gewalt zwischen der Hutu-Mehrheit (85 Prozent) und der Tutsi-Minderheit (14 Prozent) erschüttert. Die schlimmsten Massaker fanden 1972 und 1993 statt, kleinere Konflikte gab es auch 1965, 1969, 1988 und 1991. Insgesamt wurden dabei Schätzungen zufolge 300 000 Menschen beider Gruppen getötet.

Die schwere Krise von 1993 wurde durch den Mord an dem ersten demokratisch gewählten Hutu-Präsidenten Melchior Ndadaye und seinen engsten Mitarbeitern ausgelöst. Für die Tat war die überwiegend von Tutsis beherrschte Armee verantwortlich. Hutus verübten daraufhin Massaker an Tutsis, während auch Tutsi-Soldaten als Vergeltung schwere Gräueltaten an Hutus begingen. Seit Anfang der 1970er Jahr wurden mindestens 650 000 Menschen vertrieben. Viele suchten in den Nachbarländern Kongo, Tansania und Ruanda Zuflucht.

Die Gewalt endete erst mit einem Friedensvertrag, der am 28. August 2000 im tansanischen Arusha unterzeichnet wurde. Die Vereinbarung sah die Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission und eines Sondertribunals für Kriegsverbrecher vor. Aus der ersten demokratischen Nachkriegswahl ging 2005 die Partei CNDD-FDD als Sieger hervor. Seither war der ehemalige Hutu-Rebellenführer Pierre Nkurunziza Präsident des ostafrikanischen Landes.

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