Süddeutsche Zeitung

Burschenschaft in Österreich:Nazi-Liederbuch bringt FPÖ-Politiker in Bedrängnis

  • Auch im Liederbuch der österreichischen Burschenschaft Bruna Sudetia sollen sich antisemitische Texte finden. Das berichtet die Wochenzeitschrift Falter.
  • Der Vorsitzende der Burschenschaft, Herwig Götschober, arbeitet im FPÖ-geführten Verkehrsministerium von Norbert Hofer. Er bestreitet, das Liederbuch zu kennen.
  • Ein ähnlicher Fall hatte im Januar bereits zum Verzicht eines FPÖ-Politikers auf sein Landtagsmandat geführt.

Erst im Januar hatte ein Liederbuch mit Nazi-Texten zum Rücktritt des österreichischen FPÖ-Politikers Udo Landbauer geführt. Landbauer ist stellvertretender Vorsitzender der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, um deren Liederbuch es ging. Nun droht der rechtspopulistischen Partei eine weitere ganz ähnliche Affäre.

Denn wie die österreichische Wochenzeitung Falter berichtet, gibt es auch im Liederbuch der Burschenschaft Bruna Sudetia Lieder mit antisemitischen Texten. Die Zeitung zitiert einige Stellen, die auf Seite 114 des ihr vorliegenden Werkes zu finden sind. Dort heißt es demnach unter anderem: "Zwei Juden badeten einst im Fluß, weil jeder Mensch einmal baden muß. Der eine, der ist ersoffen, vom anderen wollen wir's hoffen."

Zudem ist jenes antisemitische Lied, das bereits in Zusammenhang mit dem ersten Fall vom Januar für Schlagzeilen sorgte, laut Falter in dem Buch zu finden: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: 'Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Weitere Lieder stammen vom Hans Baumann, der Lieder für die Hitler-Jugend und den Bund Deutscher Mädel schrieb und komponierte.

Politisch heikel ist die Sache vor allem deshalb, weil auch die Burschenschaft Bruna Sudetia personell mit der FPÖ verbandelt ist. Ihr Vorsitzender Herwig Götschober ist Social-Media-Beauftragter im Verkehrsministerium von Norbert Hofer (FPÖ) und kommunalpolitisch für die FPÖ in Wien aktiv.

Götschober war am Dienstag weder für den Falter noch für den Standard zu erreichen. Aus dem Ministerium hieß es dazu, Götschober kenne das Liederbuch nicht. Sein Exemplar weise weder im Inhalt noch in der Grafik Ähnlichkeiten zu dem von der Zeitung angeführten Buch auf.

Die Burschenschaft wies die Vorwürfe die "mit aller Vehemenz" zurück, wie die Tageszeitung Standard unter Berufung auf die Presseagentur APA berichtet. Das Buch sei niemals in Besitz der Verbindung und daher auch nicht in Verwendung gewesen, hieß es am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Verbindung prüfe nun rechtliche Schritte gegen die Wochenzeitung. Bruna Sudetia ist eine der ältesten deutschnationalen Studentenverbindungen in Österreich.

Der Fall Landbauer

Auch FPÖ-Politiker Udo Landbauer hatte angegeben, von dem antisemitischen Liedgut der Germania zu Wiener Neustadt nichts gewusst zu haben. Er beklagte eine "Medienhatz" gegen ihn beklagt. Landbauer, damals FPÖ-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niederösterreich, hatte allerdings sein Landtagsmandat nicht angenommen.

Die FPÖ hat inzwischen eine Historikerkommission auf den Weg gebracht, die die Geschichte der Partei kritisch auf eine etwaige Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut untersuchen soll. Doch hieß es bislang, dass die Kommission sich nicht mit den FPÖ-nahen Burschenschaften befassen werde.

Die FPÖ von Heinz-Christian Strache regiert seit vergangenem Dezember in einer Koalition mit der rechtskonservativen Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Von den 51 FPÖ-Abgeordneten sind mehr als ein Drittel Mitglieder von Burschenschaften. Auch bei den FPÖ-Kabinettsmitgliedern gibt es einen hohen Anteil von Burschenschaftlern.

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