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Burka-Debatte:CDU überlässt AfD den Populismus-Sieg

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Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag die Burka-Entscheidung vertagt. Das gibt ihr Zeit, noch einmal genau darüber nachzudenken, was sie will. Und wem sie mit einem Verbot eigentlich helfen möchte. Den Frauen eher nicht.

Von Thorsten Denkler

In einer Welt der einfachen Antworten wäre es ein Leichtes, mal eben die Burka zu verbieten. Jenes Kleidungsstück, mit dem sich einige muslimische Frauen auch in Deutschland vollständig verhüllen, bevor sie auf die Straße gehen. Sogar die Augen sind hinter einem Stoff-Gitter versteckt.

Auf dem CDU-Parteitag in Köln gibt es einige, die sich so eine einfache Antwort gewünscht hätten. Aus dem Kreisverband Frankfurt kam ein Antrag, das Tragen "von Gesichtsverschleierung wie z.B. der Burka" zu verbieten. Der Antrag wäre mit einiger Sicherheit durchgegangen, wenn es nicht den Widerstand der Parteispitze gegeben hätte.

Klug und richtig, den Antrag in Arbeitskreise zu verweisen

Zu nahe hätte der Verdacht gelegen, die CDU wolle sich mit der AfD auf dem Gebiet des Populismus messen. Es war darum klug und richtig, dass der Antrag jetzt erst einmal in Arbeitskreise verwiesen wurde. Das Thema ist damit nicht vom Tisch. Kann aber noch einmal gründlich beraten werden.

Innenminister Thomas de Maizière ist auch gegen die Burka. Wer ist das nicht? Kaum ein Kleidungsstück symbolisiert stärker die Unterdrückung der Frau in manchen muslimischen Gesellschaften. Die Burka, sagt de Maizière, "widerspricht fundamental den Rechten der Frau, widerspricht fundamental der Würde der Frau".

Aber de Maizière ist zu klug, als dass er daraus sofort ein Verbot ableiten würde. "Wir können nicht alles, was wir für falsch halten, verbieten", sagt er in einer kurzen, aber ernsthaften Debatte.

Es sind einfache Fragen, die de Maizière stellt. Wer soll so ein Verbot durchsetzen? Sollen Polizisten Frauen mit Burka festnehmen? Sollen sie ihnen die Burka womöglich gegen deren Willen ausziehen? Wäre das nicht auch ein Angriff auf die Religionsfreiheit dieser Frauen? Und stünde ein Verbot nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entgegen? Es ist ja nicht so, dass Millionen muslimischer Frauen auf den Straßen nur Burka tragen. Die allermeisten tragen das Haar offen. Viele ein Kopftuch. Eine Burka aber ist schon deshalb so besonders, weil sie einem so selten begegnet.

Warum den Frauen ein Verbot nicht hilft

Die Befürworter eines Burka-Verbotes müssen sich entscheiden. Wollen sie den Frauen helfen, die gezwungen werden eine Burka zu tragen? Oder wollen sie mit einem Verbot nur ihre eigene Unsicherheit gegenüber dem Fremden überdecken?

Helfen kann den Frauen ein Verbot nicht. Im Zweifel würden sie das Haus gar nicht mehr verlassen dürfen. Die aufsteigende CDU-Frau Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz macht es sich zu einfach, wenn sie lapidar entgegenhält, dann müsse eben auch über den Straftatbestand der Freiheitsberaubung gesprochen werden.

Es ist gut, dass sich die CDU Zeit nimmt für eine Entscheidung. Sie sollte die Zeit nutzen, jenen Frauen zuzuhören, die wissen, wie es ist, eine Burka tragen zu müssen. Womöglich liegt der Schlüssel nicht in einem Verbot. Sondern in Bildung, Aufklärung und guten Hilfsangeboten. Das aber kostet im Zweifel Geld.

Die einfachen Antworten kann die Partei gerne der AfD überlassen.

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