Bundeswehrverband:Merkel soll Afghanistan zur Chefsache machen

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, fordert von Bundeskanzlerin Merkel mehr Verantwortung für den "Krieg" am Hindukusch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte nach Ansicht des Bundeswehrverbands die Verantwortung für den Afghanistan-Einsatz an sich ziehen. Der Einsatz müsse Chefsache sein, forderte der Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch in Berlin.

Die Zuständigkeit dafür gehöre ins Kanzleramt. Damit würde die deutsche Afghanistan-Politik auch außenpolitisch an Gewicht gewinnen. Derzeit fühlten sich viele Soldaten von der Politik und der militärischen Führung im Stich gelassen, kritisierte Kirsch. Bisher koordiniert das Auswärtige Amt das Engagement der vier Ministerien für Verteidigung, Äußeres, Inneres und Entwicklungshilfe am Hindukusch.

Kirsch forderte die Einrichtung eines eigenen Bundesgerichts am Sitz des Einsatzführungskommandos in Potsdam, das für Soldaten im Auslandseinsatz und auf hoher See zuständig sein solle. Durch die gesammelte Expertise einer solchen Kammer könnten Ermittlungsverfahren effizienter und schneller werden. Weil bisher jeweils das Gericht am Wohn- oder Dienstort und damit in der Regel immer wieder ein neuer Staatsanwalt zuständig sei, gehe viel Zeit verloren. "Es kostet viel Zeit und Mühe, dem Staatsanwalt erst zu erklären, dass man zum Beispiel mit dem Maschinengewehr keinen Einzelschuss abfeuern kann, sondern bautechnisch nur Feuerstöße möglich sind", kritisierte Kirsch.

Langfristig sei möglicherweise auch anderer Rechtsstatus für die deutschen Soldaten im Auslandseinsatz nötig, sagte der Verbandschef. Die Soldaten anderer Staaten unterlägen am Hindukusch den Regeln des Kriegsvölkerrechts und seien damit besser vor Strafermittlungen geschützt. Die Bundeswehr sei "nicht mehr auf einer Friedensmission", sondern "im Krieg", so Oberst Kirsch. Die Bundesregierung lehnt es bisher allerdings ab, im Norden Afghanistans von einem Krieg zu sprechen.

Der Sprecher von Verteidigungsminister Franz Josef Jung, Thomas Raabe, sprach am Freitag von einem "robusten Kampfeinsatz". Auch Jung, Union, SPD und FDP fordern die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für die Auslandseinsätze.

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