Bundeswehr:Wird sich "nicht wiederholen"

Jahresrückblick 2018

In der Defensive: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Das Verteidigungsministerium räumt einen "unguten Anschein" ein: Externe Berater hatten bei der Auftragsvergabe für das Militär zu viel Einfluss.

Von Mike Szymanski, Berlin

In der Affäre um die Auftragsvergabe an externe Berater im Verteidigungsministerium kommen neue Details ans Licht. In einem vertraulichen Bericht an den Verteidigungsausschuss des Bundestags räumt das Ministerium ein, dass Berater mehr Einfluss in der Bundeswehr ausübten als bisher bekannt. So sollen sie direkt an sogenannten Leistungsbeschreibungen mitgewirkt haben, die den Rahmen für den Einsatz Dritter im Ministerium überhaupt erst schaffen.

Stark vereinfacht bedeutet dies, dass Berater selbst über ihre Leistungen mitbestimmt haben. Dies ist normalerweise Aufgabe der zuständigen Referate im Ministerium. Dem Bericht vom 30. November zufolge, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, haben "Externe durchaus an der Erstellung von Leistungsbeschreibungen für externe Unterstützungsleistungen mitgearbeitet". Der Bericht ist Teil der Bemühungen des Ministeriums, doch noch einen Untersuchungsausschuss abwenden zu können. In mehreren Prüfberichten hatte der Bundesrechnungshof klare Rechtsverstöße und eklatante Mängel bei der Auftragsvergabe moniert. Seither sind Haushalts- und Verteidigungspolitiker um Aufklärung bemüht. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) musste den Parlamentariern bereits mehrmals Rede und Antwort stehen.

Der Parlamentarische Staatssekretär gibt einen "unguten Anschein" zu

Konkret führt der Bericht mehrere Fälle an, die zeigen, wie losgelöst Externe im Verteidigungsministerium lange Zeit agieren konnten. Ein Projektleiter einer IT-Beraterfirma, mit der das Ministerium eng zusammenarbeitet, hatte per Mail vom 5. Oktober 2017 eine Leistungsbeschreibung direkt an das Beschaffungsamt der Bundeswehr geschickt. Dies habe der dortige Referatsleiter zum Anlass für Widerspruch genommen: Er wies den IT-Mann sowie zuständige Stellen in der Bundeswehr darauf hin, dass eine solche Leistungsbeschreibung nur vom "verantwortlichen ministeriellen Referat" vorzulegen sei - und zwar "ab sofort". In einem anderen Fall aus dem Dezember 2017 sei durch Externe eine Leistungsbeschreibung per Mail mit der Bitte "um weitere Veranlassung" an das Beschaffungsamt übermittelt worden. Im Bericht heißt es hierzu: "An der Mail-Adresse war nicht zu erkennen, dass er kein Angehöriger" des Ministeriums sei. In wieder einem anderen Fall aus dem Sommer 2018 wandte sich ein Externer an das Beschaffungsamt, um die Beschäftigung einer externen Wissenschaftlerin, einer Professorin für Verwaltungsinformatik, für eine Studie zu erreichen. Der Bericht führt aus, dass der Externe "im Auftrag" an das Beschaffungsamt herantrat mit der Bitte "um Prüfung, wie eine mögliche Vertragskonstruktion gestaltet werden könnte".

Heikel ist auch, dass Spitzenpersonal des Ministeriums teils persönliche Beziehungen zu Ansprechpartnern bei externen Beratungsfirmen pflegte. So duzten sich der frühere zuständige Abteilungsleiter und der für die Bundeswehr zuständige Geschäftsführer eines Unternehmens. "Beide haben offen eingeräumt, sich seit Längerem zu kennen und auch privat ein gutes Verhältnis zu haben", ist hierzu im Bericht vermerkt. Die Entscheidung, ausgerechnet diese Firma zu beauftragen, sei "im Wesentlichen" durch diesen Abteilungsleiter getroffen worden. Weiter heißt es aber: "In den Akten finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass in den getroffenen Entscheidungen sachfremde Erwägungen aufgrund persönlicher Kennverhältnisse eingeflossen sind."

In einem Begleitschreiben zum Bericht für die Abgeordneten fasst der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber (CDU) das Ergebnis interner Untersuchungen zusammen. Die Beteiligten hätten "trotz teils unguten Anscheins und nicht vergaberechtskonformer Wege durchweg im inhaltlichen Interesse der jeweiligen Projekte gehandelt". Ein wirtschaftlicher Schaden zulasten des Steuerzahlers sei "gegenwärtig nicht ersichtlich". Bisher gebe es auch "keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Tatbestände". Das Ministerium habe die interne Kontrolle gestärkt. Vorgänge wie diese "werden sich in Zukunft nicht wiederholen können".

Der Linken-Politiker Matthias Höhn ist davon noch nicht überzeugt. "Die gesamte Vergabepraxis scheint höchst problematisch zu sein", sagte er. Sie öffne "geradezu Tür und Tor dafür", dass Externe sogar bestimmten, welche weiteren Firmen Aufträge erhielten. Ein Untersuchungsausschuss sei "längst nicht vom Tisch", sagte Höhn am Montag.

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