Bundeswehr:Wehrpflicht vor dem Aus

Klare Worte von Verteidigungsminister Guttenberg: Sollte die Regierung an ihrem Plan festhalten und die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten um 40.000 reduzieren, sei die Wehrpflicht nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Peter Blechschmidt

Verteidigungsminister KarlTheodor zu Guttenberg (CSU) hat erneut deutlich gemacht, dass die Wehrpflicht nicht aufrechtzuerhalten sei, wenn die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten wie von der Regierung angestrebt um 40.000 reduziert würde. Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Verkürzung der Wehrdienstzeit von neun auf sechs Monate sagte Guttenberg am Freitag im Bundestag, ein deutlicher Personalabbau könne "durchaus zur Folge haben, dass sich der Grundwehrdienst nicht mehr in der jetzigen Form aufrechterhalten lässt". Er sei grundsätzlich ein Verfechter der Wehrpflicht, sagte Guttenberg. Dies allerdings auf der Basis der gegenwärtigen Sollstärke von 252.000 Mann.

Wehrpflicht

Rekruten der Bundeswehr nehmen im Juli 2009 vor dem Reichstagsgebäude in Berlin an dem öffentlichen Gelöbnis teil. Verteidigungsminister Guttenberg hat bekräftigt, dass die Zukunft der Wehrpflicht ergebnisoffen geprüft wird.

(Foto: dpa)

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete sich in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als Befürworterin der Wehrpflicht. Bei den dringend notwendigen Strukturreformen der Bundeswehr dürfe es jedoch keine Denkverbote geben. Bei der Wehrpflicht gehe es jedoch nicht primär um eine Haushaltsfrage, sondern um eine grundlegende verteidigungs- und gesellschaftspolitische Weichenstellung. Das Bundeskabinett hatte bei seiner Sparklausur zu Wochenbeginn den Verteidigungsminister beauftragt, bis September aufzuzeigen, welche Folgen eine Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sowie für die Wehrpflicht hätte.

Diese Prüfung werde "ergebnisoffen" stattfinden, sagte Guttenberg dazu im Bundestag. In der militärischen Führung werden derzeit Szenarien erarbeitet, wie eine deutlich verkleinerte Bundeswehr aussehen könnte. Dabei geht man davon aus, dass mit 40.000 Zeit- und Berufssoldaten weniger keine Ausbildung von Wehrpflichtigen mehr möglich ist. Deshalb wird in diesen Szenarien erwartet, dass bereits zum 1. Januar 2011 keine Wehrpflichtigen mehr einberufen werden. Informationen, dass Guttenberg einen solchen Einberufungsstopp bereits verfügt habe, wurden am Freitag vom Sprecher des Verteidigungsministeriums dementiert. Bei einem Abbau von 40.000 Langzeitstellen und ohne Wehrpflichtige würde die Bundeswehr mittelfristig auf einen Personalbestand von 150.000 Mann zurückgehen.

Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff sagte, dass mit 40.000 Zeit- und Berufssoldaten weniger die Wehrpflicht nicht beibehalten werden könne. Die FDP tritt seit langem für die Abschaffung des Pflichtdienstes ein.

Die Opposition kritisierte am Freitag, dass die Regierungskoalition angesichts dieser Debatten überhaupt noch den Gesetzentwurf zur Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate eingebracht habe. Von Orientierung und Verlässlichkeit könne bei dieser Regierung keine Rede sein, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold. Guttenberg hatte das Gesetzesvorhaben zuvor verteidigt, weil für diejenigen Wehrpflichtigen, die zum 1. Juli eingezogen werden sollten, Planungssicherheit geschaffen werden müsse. Auch Guttenberg räumte ein, es sei nicht abzusehen, "wie lange dieses Gesetz in der Praxis angewandt wird".

Die SPD will an der Wehrpflicht festhalten. Arnold und sein Kollege Hans-Peter Bartels boten der Regierung erneut Gespräche über ihr Modell einer "freiwilligen" Wehrpflicht an. Danach soll jeder junge Mann erfasst und gemustert werden. Tatsächlich eingezogen werden sollen aber nur diejenigen, die auch ihre Bereitschaft zum Wehrdienst erklären. Erst wenn auf diese Weise nicht genügend Soldaten rekrutiert werden können, sollten Wehrpflichtige zwangsweise herangezogen werden. Die SPD geht bei ihrem Modell von einer unverändert neunmonatiger Dienstzeit aus.

Linke und Grüne bekräftigten am Freitag ihre Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht.

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