Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Von der Leyen entschuldigt sich für Kritik an Bundeswehr-Führung

  • Verteidigungsministerin von der Leyen hat sich am Donnerstag beim Treffen mit Führungskräften der Bundeswehr für ihre Kritik entschuldigt.
  • Sie hatte der Truppe "Führungsschwäche" und ein "Haltungsproblem" bescheinigt, weil Hinweise auf die rechtsextreme Gesinnung des terrorverdächtigen Soldaten Franco A. jahrelang folgenlos geblieben waren.
  • Von der Leyen war daraufhin unter Druck geraten. Der Bundeswehrverband reagierte erfreut über ihre Entschuldigung.

Etwa 100 Führungskräfte der Bundeswehr hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Donnerstag nach Berlin eingeladen. Bei dem Treffen sollte es um "die innere Lage" der Bundeswehr gehen, teilte das Ministerium mit. Vor allem sollte es wohl die Wogen glätten nach der Aufregung der letzten Tage. Nun dringen weitere Details an die Öffentlichkeit: Offenbar hat sich die Verteidigungsministerin für ihre harte Kritik an der Truppe entschuldigt.

Die Angehörigen der Bundeswehr leisteten einen "unverzichtbaren Dienst für unser Land", wofür ihnen Dank und Anerkennung gebühre, soll die Ministerin zu den Führungskräften gesagt haben. "Ich wünschte, ich hätte diese Sätze am Wochenende in dem Fünf-Minuten-Interview über den Rechtsextremisten vorweggesagt. Es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Das bedauere ich."

Franco A.s Masterbeit ließ keinen Zweifel an seiner Gesinnung zu

Von der Leyen war im Fall des rechtsextremen und terrorverdächtigen Offiziers Franco A. in die Kritik geraten. Sie hatte der Bundeswehr ein "Haltungsproblem", "Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen" und falsch verstandenen Korpsgeist bescheinigt, weil zahlreiche Hinweise auf A.'s extreme Gesinnung versandet waren. Unter anderem hatte er in seiner Masterarbeit von einem "Genozid der Völker in Westeuropa" durch Migranten fabuliert, jedoch keine Disziplinarstrafe erhalten und später eine neue Masterarbeit vorlegen dürfen. In der abschließenden Bewertung des Vorgangs hieß es, Zweifel an seiner Einstellung zur Wertordnung lägen nicht vor. Von der Leyen sagte am Donnerstag dazu, wer einen Blick in Franco A.s erste Masterarbeit werfe, könne "keinen Zweifel mehr an seiner völkischen, rassistischen und rechtsextremistischen Gesinnung" haben.

Kritik an pauschalen Äußerungen von der Leyens

Mehrere Verteidigungsexperten in Bundesregierung und Opposition hatten Kritik an von der Leyens Äußerungen angebracht, die sie als zu pauschal wahrnahmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich hingegen hinter von der Leyen gestellt und durch Regierungssprecher Steffen Seibert erklären lassen, die Verteidigungsministerin habe ihre "volle Unterstützung".

Auch der Bundeswehrverband hatte empört auf die Äußerungen reagiert. "Das kann keiner nachvollziehen, wie sich eine Ministerin jetzt sozusagen auf die Tribüne verabschiedet und über ihre Mannschaft urteilt", hatte Oberstleutnant André Wüstner, Chef des Deutschen Bundeswehrverbands, damals geurteilt. Wüstner sagte nun im ARD-Morgenprogramm: "Es ist immer schwer für Politiker zu sagen: Ich habe einen Fehler gemacht. Deshalb waren viele gestern positiv überrascht, was sie da und wie sie da vor den Vorgesetzten und Führungskräften argumentiert hat."

Die Ministerin nahm auch Bezug auf die bekannt gewordenen Vorfälle von Misshandlung und Mobbing in Pfullendorf und Sondershausen und erklärte: "Die übergroße Mehrheit der Angehörigen der Bundeswehr leistet tagtäglich ihren Dienst anständig und tadellos. Umso bitterer ist es, wenn eine Minderheit sich völlig inakzeptabel verhält." An den genannten Bundeswehrstandorten war es zu schweren Misshandlungen und entwürdigenden, sexualisierten Übergriffen auf Soldatinnen und Soldaten gekommen.

Diesen Einzelfällen und dem Fall Franco A.s sei gemeinsam, dass sie "schöngeredet und verharmlost" worden seien, erklärte von der Leyen. Sie nehme ihre Verantwortung bei der Aufklärung von Missständen in der Bundeswehr an und mache sich zum Vorwurf, "dass ich nicht viel früher viel tiefer gegraben habe, als mir die Einzelfälle der Reihe nach auf den Tisch kamen." Franco A. sei kein "lonely Wolf" gewesen, sondern viele weitere Problemfälle würden jetzt womöglich publik werden.

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