Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist am Montag zu ihrer ersten Auslandsreise in Einsatzgebiete der Bundeswehr aufgebrochen. Am Mittag (Ortszeit) landete sie in Amman. Im Bundeswehrlager Al-Azraq will sie sich über Deutschlands Beitrag im Kampf gegen den islamistischen Terror informieren. Zudem sind für diesen Montag Gespräche mit dem jordanischen König Abdullah II. sowie dem Außenminister geplant.
Seit Oktober 2017 beteiligt sich die Bundeswehr mit knapp 300 Soldaten, vier Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug von Jordanien aus am internationalen Kampfeinsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien. Im Irak sind zudem deutsche Militärausbilder stationiert. Insgesamt können bis zu 800 Soldaten eingesetzt werden. Das Mandat läuft Ende Oktober aus.
Über die Fortsetzung des Einsatzes gibt es Streit zwischen Union und SPD. Eigentlich hatten sich die Koalitionspartner bei der Verlängerung des Mandates vor einem Jahr darauf verständigt, den Einsatz auslaufen zu lassen. Militärisch gilt der IS in der Region als weitgehend geschlagen. Die Union allerdings will, auch um ein Wiedererstarken des IS zu verhindern, weiterhin in der Region militärisch aktiv bleiben. Der islamistische Terrorismus sei dort "nach wie vor vorhanden", wie Kramp-Karrenbauer zu Beginn der Reise ausführte. Es gehe darum, "dauerhaft" Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten. Die Verbündeten, allen voran die USA, haben wiederholt einen stärkeren Beitrag Deutschlands im Kampf gegen den IS eingefordert - bis hin zur Entsendung von Bodentruppen nach Syrien. Es gehe auch um eine gerechtere Lastenverteilung bei gemeinsamen Auslandseinsätzen.
Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte jüngst im Bundestag klargemacht, dass seine Partei auf ein Ende des Einsatzes pocht. Seit fünf Jahren unterstützt Deutschland den Irak im Kampf gegen den IS. Der Schwerpunkt lag am Anfang bei der Ausrüstung kurdischer Peschmerga-Kämpfer auch mit Waffen sowie deren Ausbildung. Mützenich sprach von einem "angemessenen Beitrag". Bündnispolitische Erwägungen allein genügten nicht, seitdem mit Präsident Donald Trump "ein Rassist im Weißen Haus" sitze, der sich durch "Unberechenbarkeit und Egoismus" auszeichne, wie Mützenich in diesem Zusammenhang ausführte.
"In welcher Form sich Deutschland künftig weiter in der Region engagieren wird, wird in den nächsten Wochen sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch zwischen Regierung und Parlament ausführlich erörtert werden", sagte Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er verwies auf Aussagen der früheren Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hatte in Aussicht gestellt, Partnernationen dafür zu gewinnen, die Aufgaben Deutschlands zu übernehmen. Ihre Nachfolgerin sagte am Montag, die Bundeswehr leiste einen "international anerkannten Beitrag" im Anti-Terror-Kampf.
Bundeswehrverband warnt vor einem Ende des Einsatzes
Henning Otte, Verteidigungsexperte der CDU, fordert den Koalitionspartner im Gespräch mit der SZ auf, die "bisherige Verweigerungshaltung" aufzugeben, diese sei nicht nachvollziehbar. "Wir dürfen nicht von Europa mehr außenpolitisches Gewicht fordern und uns dann selbst zurückziehen." Der IS sei zwar zerschlagen, aber noch nicht besiegt. "Wir würden die über Jahre erzielten Erfolge aufs Spiel setzen." Mit deutscher Hilfe sind im Irak bis heute mehr als 18 000 Sicherheitskräfte ausgebildet worden. Die deutschen Aufklärungsjets sind bislang zu mehr als 2000 Flügen gestartet. Die deutschen Beiträge würden "auf allen Ebenen wertgeschätzt werden", heißt es in einer Zwischenbilanz der Regierung aus dem April.
Auch der Deutsche Bundeswehrverband warnt vor einem Ende des Einsatzes. Oberstleutnant André Wüstner, der Verbandschef, sagt: "Die internationale Gemeinschaft ist in Jordanien sehr willkommen." Dort sei eine gemeinsame Drehscheibe für den Nahen Osten von großer strategischer Bedeutung entstanden. "Wenn Deutschland künftig weiter Verantwortung für die Region übernehmen will, sollte man unseren Teil der Basis nicht unüberlegt aufgeben", sagte er der SZ. Insbesondere die Arbeit der Aufklärungsjets hält er für "enorm wichtig", denn der IS versuche sich im Untergrund gerade erneut zu formieren und "wenn möglich zurückzuschlagen".
In den Reihen der Opposition findet der Einsatz in dieser Form keinen Rückhalt mehr. Für Unverständnis sorgt, dass Deutschland seine Ausbildungsaktivitäten nicht bei der Nato-Mission einbringt, sondern abseits agiert, auf Einladung der Iraker. Der Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner, erklärte: "Die Bundesregierung sollte den Einsatz nicht in dieser Form verlängern." Das Mandat sei inhaltlich fragwürdig und habe "enorme, rechtliche Probleme".
Auch die FDP sieht das so. "Sollten wir uns dem Nato-Mandat anschließen, sprechen wir neu", sagte deren Verteidigungspolitikerin Agnes-Marie Strack-Zimmermann. Der Linken-Politiker Alexander Neu sagte: "Abgesehen von der Völker- und Verfassungswidrigkeit dieses Einsatzes ist auch die Auftragslage zunehmend unklar." Auch die AfD will den Einsatz beendet, wie deren Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen erklärte.