Süddeutsche Zeitung

Neue Transportmaschinen:Hubschrauber-Vorhaben der Bundeswehr gescheitert

Nachfolger für die altersschwachen Transporthubschrauber der Bundeswehr bleiben vorerst aus. Es droht eine jahrelange Verzögerung - und das Verteidigungsministerium muss einige Kritik einstecken.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Bundeswehr muss bei einem ihrer zentralen Rüstungsvorhaben einen schweren Rückschlag hinnehmen und nun deutlich länger auf neue, schwere Transporthubschrauber warten. Quasi auf den letzten Metern ist das Vergabeverfahren für Nachfolger der altersschwachen CH-53 Transporthubschrauber gescheitert. Am Dienstag teilte das Verteidigungsministerium mit, dass "eine Realisierung des Projektes im geplanten Finanzrahmen bei gleichzeitiger Erfüllung aller Forderungen unwahrscheinlich" sei; die vorliegenden Angebote zweier US-Hersteller seien "als unwirtschaftlich" bewertet worden. Dabei hätte im nächsten Jahr der Vertrag unterzeichnet werden sollen. Neue Maschinen sollten von 2024 an geliefert werden.

Nach SZ-Informationen macht ein Passus bei der Bewilligung des Geldes das Geschäft so teuer

Nun muss das Beschaffungsverfahren neu aufgesetzt werden, wodurch eine jahrelange Verzögerung droht. Die SPD-Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller macht das CDU-geführte Verteidigungsministerium für das Scheitern verantwortlich, dies sei ein "inakzeptabler" Vorgang. Kaum etwas benötige die Bundeswehr dringender als die Transporthubschrauber, auch um den Einsatzverpflichtungen nachzukommen. Der Grünen-Politiker Tobias Lindner wirft Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor, "keinen Plan B" zu haben. Eine neue Ausschreibung allein löse keine Probleme. Die derzeitigen Hubschrauber wurden von 1972 an bei der Bundeswehr eingeführt, heute besitzt sie etwa 70.

In den vergangenen Monaten hatte diverse Notlandungen wegen technischer Defekte gezeigt, wie dringend die Maschinen ersetzt werden müssen. Bereits 2018 wurden im Haushalt 5,6 Milliarden Euro hinterlegt. Zur Auswahl stehen zwei Modelle: die CH-47 von Boeing und die CH53-K von Sikorsky, beides US-amerikanische Anbieter, die dabei waren, ihre Angebote zu präzisieren. Nun stellte sich heraus, dass die Anschaffung offenbar der Bundeswehr etwa doppelt so viel Geld kosten würde wie eingeplant.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung macht ein Passus bei der Bewilligung des Geldes das Geschäft so teuer. Er besagt, dass die "Wartung, Instandhaltung sowie die Anpass- und Weiterentwicklung der Hubschrauber (Gesamtsystem, insbesondere Hauptkomponenten) in Deutschland stattfinden" sollen. Die Hersteller taten sich mit deutschen Firmen zusammen und ließen offenbar die Zusatzkosten ins Angebot einfließen. Zudem soll die Bundeswehr Änderungswünsche am Modell gehabt haben.

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Quelle:
SZ vom 30.09.2020/jsa
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