BundeswehrWarum die Flugbereitschaft aufs Rad umsteigt

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Wenn Soldaten radeln, sorgt das für Aufsehen. Die Flugbereitschaft war zum achten Mal in Deutschland unterwegs.
Wenn Soldaten radeln, sorgt das für Aufsehen. Die Flugbereitschaft war zum achten Mal in Deutschland unterwegs. (Foto: Georg Ismar)

Piloten und Techniker klappern in Deutschland Kasernen ab, um Spenden einzusammeln. Das Geld geht an die „Aktion Sorgenkinder“ für Kinder mit Beeinträchtigungen aus Bundeswehrfamilien.

Von Georg Ismar

Wer bekommt den Scheck? „Der Spieß“, rufen die Radfahrer in der Julius-Leber-Kaserne. Der Spieß, das ist die gute Seele der Kompanie, Oberstabsfeldwebel Hans Holzmann nimmt ihn also entgegen. 2174,01 Euro haben sie hier in Berlins größter Kaserne gesammelt. Holzmann ist es, der vor acht Jahren diese in der Bundeswehr einmalige Tour ins Leben gerufen hat – und der sie seither organisiert.

Die Piloten und Techniker, die sonst dafür sorgen, dass Kanzler Olaf Scholz und seine Minister sicher mit den Regierungsfliegern an ihr Ziel kommen, sind in Rostock-Warnemünde gestartet. Mit ihren Rennrädern klappern die 16 Bundeswehr-Bediensteten zahlreiche Kasernen ab, um bei ihrer Fahrt über 830 Kilometer von Rostock bis Köln Spenden einzusammeln. Nicht für eine bessere Ausrüstung der Truppe oder neue Flieger, sondern für das Sozialwerk der Bundeswehr. Das Geld geht komplett an die „Aktion Sorgenkinder“ für Kinder mit Beeinträchtigungen aus Bundeswehrfamilien.

In der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums, die sich um die Regierungsflotte kümmert, gab es vor Jahren zwei Soldaten mit gehandicapten Kindern. Radsportaffine Kameraden schlugen die Idee einer Radtour entlang der Kasernen in Deutschland vor. 2666 Euro sammelten sie auf der ersten Tour, im vergangenen Jahr dann bereits knapp 30 000 – und insgesamt schon mehr als 120 000 Euro. In diesem Jahr sind sie zum achten Mal unterwegs.

Weiter geht’s. In der Julius-Leber-Kaserne werden sie noch gefragt, was man ihnen wünschen solle: Hals- und Beinbruch? „Nee, Kette rechts“, sagt ein Soldat. Und so geht es in flottem Tempo wieder raus, durch den wuseligen Hauptstadtverkehr. Erste Station an diesem Tag war das Planungsamt der Bundeswehr, hier hatte man 587 Euro gesammelt, weitere Stationen sind die General-Steinhoff-Kaserne, wo der Inspekteur der Luftwaffe sitzt, und das Einsatzführungskommando in Potsdam – überall grüßt sie bei der Einfahrt das Schild mit der aktuellen Gefährdungsstufe: Alpha.

Die Mitglieder der Flugbereitschaft dürfen die Tour in ihrer Dienstzeit machen.
Die Mitglieder der Flugbereitschaft dürfen die Tour in ihrer Dienstzeit machen. (Foto: Georg Ismar)

Als sie mit ihren Radtrikots in Bundeswehr-Grün durch Berlin rauschen, grüßen Bürger und Polizisten. „Bundeswehr Sozialwerk – Hier scheint die Sonne“, steht auf der Rückseite der Trikots. Dabei ist eine Frau, sie kümmert sich beim Luftwaffentruppenkommando in Köln-Wahn im Tornado-Dezernat um die Triebwerke. Als Triathletin sind die Etappen mit bis zu 170 Kilometern für sie kein Problem. Unterwegs bleibt Zeit für Erinnerungen an brenzlige Situationen: Ein Techniker erzählt, wie auf dem Flug mit Angela Merkel zum G-20-Gipfel in Buenos Aires kurz nach dem Start die gesamte Elektronik ausfiel und der vollgetankte Airbus in Köln landen musste.

Nachwuchskräfte kümmern sich um die Logistik. Sie lernen dabei

Es gibt aber auch schöne Erinnerungen: als die Techniker bei einem Flug zur Fußball-WM 2014 in Brasília im gleichen Hotel wie die Schweizer Nationalmannschaft waren und Ottmar Hitzfeld ihnen Karten für das Spiel Schweiz gegen Ecuador schenkte. Die meisten Radler sind am bisherigen Stammsitz in Köln stationiert, wo diesen Dienstag die Tour endet. Die Flugbereitschaft soll ab 2026 an den Berliner Hauptstadtflughafen umgesiedelt werden, viele Familien müssen dann umziehen. Sie alle eint jedoch, dass sie eine neue Wertschätzung für die Bundeswehr in diesen unruhigen Zeiten wahrnehmen, wie viele sagen.

Die Mitglieder der Flugbereitschaft dürfen die Tour in ihrer Dienstzeit machen, es gibt auch einige schöne Nebeneffekte wie den Kontakt zu anderen Bereichen wie Heer und Marine. Nachwuchskräfte kümmern sich um die Logistik und die Organisation, Fähigkeiten, die man beim Militär braucht. In Kasernen entlang der Strecke wird übernachtet, überall gibt es ein großes Hallo, Beifall, ein Empfangsspalier. In Neubrandenburg lotsten Kradmelder der Panzergrenadierbrigade auf ihren Motorrädern die Radler durch den Stadtverkehr. Alles muss auf die Minute passen. An diesem Tag pausiert die Truppe an einem See, zwei mitreisende Köche haben mit einer Feldküche Spaghetti bolognese gekocht. „Du tust nicht nur was für den guten Zweck und die Fitness, sondern hast auch die Möglichkeit, junge Leute in Verantwortung zu bringen“, meint Hauptmann Hauke Meier. Er nennt die Tour daher eine „Win-win-win-Situation“.

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