Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Sexuelle Übergriffe bei Gebirgsjägern

  • Ein Soldat bei den Gebirgsjägern soll in Bad Reichenhall unter anderem durch Vorgesetzte sexuell belästigt und diskriminiert worden sein.
  • Laut Verteidigungsministerium laufen derzeit Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte, davon zwei Feldwebel, zwei weitere Unteroffiziere und zehn Mannschaftssoldaten.
  • Der betroffene Soldat wurde mittlerweile in eine andere Einheit versetzt.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Nach den Vorfällen in der Bundeswehr-Kaserne in Pfullendorf wird ein weiterer Fall bekannt, in dem Soldaten einem Kameraden gegenüber übergriffig geworden sind. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll ein Soldat bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall unter anderem durch Vorgesetzte sexuell belästigt und diskriminiert worden sein.

Das Verteidigungsministerium informierte am Montag den Bundestag über den Fall. Demnach wandte sich der betroffene Obergefreite bereits Anfang Oktober an den Wehrbeauftragten, weil er nach einem Truppenpraktikum bei einer anderen Einheit befürchtete, in seine Stammeinheit zurückkehren zu müssen.

Laut Ministerium handelte es sich dabei um eine Kompanie des Gebirgsjägerbataillons 231 in Bad Reichenhall. "Dort sei er zwischen November 2015 und September 2016 durch Mannschaftssoldaten und einige Vorgesetzte (Ausbilder) seines Zuges mehrmals diskriminiert sowie verbal und tätlich sexuell belästigt und genötigt worden", heißt es in dem Schreiben des Ministeriums an den Bundestag.

Der betroffene Soldat wurde versetzt

Laut Ministerium laufen derzeit Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte, davon zwei Feldwebel, zwei weitere Unteroffiziere und zehn Mannschaftssoldaten. Nachdem die Vorwürfe bekannt geworden seien, habe man sowohl externe Ermittler des Feldjägerdienstkommandos München als auch Soldaten aus dem Bataillons- und Brigadestab zur Aufklärung eingesetzt.

Zudem hat es offenbar bereits im vergangenen Jahr personelle Konsequenzen gegeben: "Der damalige Teileinheitsführer wurde Mitte Dezember 2016 aus seiner Funktion herausgelöst", heißt es in dem Schreiben weiter. Der zuständige Brigadekommandeur hingegen habe die Ermittlungen "sehr eng begleitet" und im März mit seinen Kommandeuren und Dienststellenleitern die Themen "Mobbing, sexuelle Belästigung sowie Gruppendynamik" besprochen. Zwar sei der Sachverhalt an sich "inhaltlich äußerst bedauerlich und vollkommen inakzeptabel" - doch hätten "die truppendienstlich verantwortlichen Kommandeure umsichtig und konsequent reagiert". Der betroffene Soldat wurde mittlerweile in eine andere Einheit versetzt.

Ein Sprecher des Ministeriums betonte auf Anfrage, es handele sich um einen von zahlreichen Einzelfällen aus der Vergangenheit, die gerade aufgearbeitet würden, um vor dem Hintergrund der Vorkommnisse in Pfullendorf strukturelle Verbesserungen zu entwickeln. Im Schreiben an den Bundestag heißt es, die Vorfälle seien, anders als in Pfullendorf, einer Teileinheit zuzuordnen. In Pfullendorf waren Ende Januar zum Teil voneinander unabhängige Fälle von Mobbing, sexuell motivierten Übergriffen und Aufnahmeritualen bekannt geworden.

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SZ vom 21.03.2017/fie
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